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Mistra zur Ergebung auffordern, die Besatzung ergab sich auch,
aber die Pest bewahrte sie vorerst vor der ihr zugedachten Treu—
losigkeit des Venetianers. Endlich nach anderen vergeblichen Ver—
suchen gegen die von den Türken besetzten festen Küstenplätze er—
reichte Morosini Kenchrae, den Hafen von Korinth, Mitte September
Man war dem Ziele nahe, ein Kriegsrath aber verschob das—
selbe wieder. Anstatt die Expedition gegen Negroponte (Euböa),
wie es früher die Absicht gewesen war und auch jetzt noch von
Vielen gerathen wurde, auszuführen, entschloß man sich, erst noch
Athen zu erobern. Die schwere Flotte, welche nach ihrer Unter—
nehmung gegen die Galeeren des Kapudan Pascha sich mit Morosini
wieder vereinigt hatte, segelte zur Täuschung des Feindes weiter
nach Euböa, während Morosini am 20. September mit 9880 Mann
zu Fuß und 870 Reitern nach der attischen Küste übersetzte. Die
Landung ging ohne jeden Widerstand vor sich, und die Armee hatte
sich bereits in Schlachtordnung aufgestellt, als ein langer, feierlicher
Zug aus der Stadt Athen, die griechische Geistlichkeit und die
Aeltesten des Athenervolkes, den Befreiern entgegenkam und an die
Bitte um Befreiung die weitere knüpfte, dies Werk möglichst zu be—
schleunigen, da jetzt nur eine 800 bis 600 Mann starke türkische Be—
satzung auf der Akropolis stände, die Nähe des Seraskiers aber
Unheil genug verkünde. Man entschied sich nun für sofortige Be—
lagerung der Burg, aber, so schwach deren Besatzung an sich war,
so sehr bewährte sie den Ruf der Türken bei einer Orts—
vertheidigung. Und die nur aus alten, fast unzerstörbaren Pelasger—
mauern oder sonst äußerst massiven Bauten bestehenden Werke der
Burg begünstigten den Widerstand ungemein. Ringsum frei ragte
der breite Felsenhügel, der die Akropolis trägt, hoch über die Land—
schaft empor, umgeben von einer 60 Fuß hohen Ringmauer mit
starken Thürmen und Geschützständen. Die fast senkrechten Fels⸗
wände zeigten nur im Westen und Südwesten einige offenere Stellen,
dort aber wehrten emporgestufte Werke und ein dreifaches Thor den
Eingang, Anlagen, deren Grundstock jene von Perikles aufgeführten
Propyläen waren, eine einzige mächtige Gruppe fester Vertheidigungs—
gebäude mit kühn emporragenden ungeheuren Marmorstöcken. Die
Türken hatten sie zum Theil zerstört, zum Theil aber wieder zu
neuen Befestigungen verwandt. Auf ihren Terrassen befanden sich
zwei schwere Batterien und am Fuße des ganzen Thorabschnittes lagerte
in Vorwerk, dessen Eroberung allein schon äußerst schwierig schien.
elagerung von
Athen, 1687.