Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

542 
langsam eine Besserung ein, auch entschädigte etwas der große 
Kasinogarten, an dessen unterem Ende eine kleine Badeanstalt unter— 
halten wurde, so daß nach heißen Sommerübungen der Lieutenant 
geradewegs paradiesischen Freuden nachgehen konnte. 
Sehr bald nach dem Feldzuge wurden Beziehungen zu der 
nahen bayerischen Garnison Aschaffenburg angeknüpft, die zu einem 
herzlichen und freundschaftlichen Verkehr führten, und dieser blieb 
unverändert bis zuletzt, obwohl die Garnison mehrfach wechselte. 
Das 10. Jäger-Bataillon wurde durch ein Bataillon 9. Infanterie— 
Regiments abgelöst, dem später wieder das 2. Jäger-Bataillon, 
welches noch jetzt in Aschaffenburg steht, folgte. Die Offizierkorps 
besuchten sich gegenseitig in ihren Garnisonen oder trafen sich in dem 
in der Mitte gelegenen Orte Dettingen. Bei diesen Besuchen pflegte 
es immer hoch herzugehen, und ein Marsch in bunter Reihe durch 
die Straßen der Stadt Aschaffenburg nach einem nahen Vergnügungs— 
ort oder eine Wagenfahrt von Hanau nach Wilhelmsbad mit ver— 
tauschten bayerischen und preußischen Mützen fehlte selten. Zu den 
Besichtigungen der beiden Truppentheile erschienen sehr oft Abord— 
nungen der anderen Seite. Uns fiel dabei die fast übertriebene 
Strammheit bei den bayerischen Exerzitien auf. Der „hörbare Ruck 
mit den Augen“ wurde hier zur Wahrheit. Das Ralliiren wurde 
noch Ende der 70Oer Jahre derart geübt, daß aus einer beliebigen 
geschlossenen Formation auf das Kommando: „Auseinander Marsch!“ 
ieder Mann „Gewehr auf!“ nahm, Alles nach verschiedenen Rich— 
tungen eine vorgeschriebene Anzahl von Schritten im festen Tritte 
auseinander marschirte, Halt machte und dann „Gewehr ab“ nahm, 
wobei das letzte Tempo dieses Griffes noch in der ganzen Kompagnie 
„klappen“ mußte. Ebenso wurde dann gesammelt. Unerklärlich blieb 
es, wie dies möglich war, ohne daß die Leute sich gegenseitig zum 
Halten oder zum Aufgeben des festen Trittes zwangen. 
In späteren Jahren wurden auch Gefechtsübungen der beiden 
Garnisonen gegeneinander gemacht. Seltsamerweise fanden wir dann 
immer dort, wo die Entscheidung fiel, einen Vorrath von Bierfässern 
vor, der für eine ganze „ostasiatische Expedition“ ausreichend er— 
scheinen würde. 
Die dienstlichen Verhältnisse in Hanau waren denkbarst bequem. 
Rekruten- und formales Kompagnie-Exerziren konnte auf dem vor 
der Kaserne gelegenen Paradeplatz stattfinden. Störend wirkte hier 
nur der freie Verkehr des Publikums, welcher, da die Stadt das
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.