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langsam eine Besserung ein, auch entschädigte etwas der große
Kasinogarten, an dessen unterem Ende eine kleine Badeanstalt unter—
halten wurde, so daß nach heißen Sommerübungen der Lieutenant
geradewegs paradiesischen Freuden nachgehen konnte.
Sehr bald nach dem Feldzuge wurden Beziehungen zu der
nahen bayerischen Garnison Aschaffenburg angeknüpft, die zu einem
herzlichen und freundschaftlichen Verkehr führten, und dieser blieb
unverändert bis zuletzt, obwohl die Garnison mehrfach wechselte.
Das 10. Jäger-Bataillon wurde durch ein Bataillon 9. Infanterie—
Regiments abgelöst, dem später wieder das 2. Jäger-Bataillon,
welches noch jetzt in Aschaffenburg steht, folgte. Die Offizierkorps
besuchten sich gegenseitig in ihren Garnisonen oder trafen sich in dem
in der Mitte gelegenen Orte Dettingen. Bei diesen Besuchen pflegte
es immer hoch herzugehen, und ein Marsch in bunter Reihe durch
die Straßen der Stadt Aschaffenburg nach einem nahen Vergnügungs—
ort oder eine Wagenfahrt von Hanau nach Wilhelmsbad mit ver—
tauschten bayerischen und preußischen Mützen fehlte selten. Zu den
Besichtigungen der beiden Truppentheile erschienen sehr oft Abord—
nungen der anderen Seite. Uns fiel dabei die fast übertriebene
Strammheit bei den bayerischen Exerzitien auf. Der „hörbare Ruck
mit den Augen“ wurde hier zur Wahrheit. Das Ralliiren wurde
noch Ende der 70Oer Jahre derart geübt, daß aus einer beliebigen
geschlossenen Formation auf das Kommando: „Auseinander Marsch!“
ieder Mann „Gewehr auf!“ nahm, Alles nach verschiedenen Rich—
tungen eine vorgeschriebene Anzahl von Schritten im festen Tritte
auseinander marschirte, Halt machte und dann „Gewehr ab“ nahm,
wobei das letzte Tempo dieses Griffes noch in der ganzen Kompagnie
„klappen“ mußte. Ebenso wurde dann gesammelt. Unerklärlich blieb
es, wie dies möglich war, ohne daß die Leute sich gegenseitig zum
Halten oder zum Aufgeben des festen Trittes zwangen.
In späteren Jahren wurden auch Gefechtsübungen der beiden
Garnisonen gegeneinander gemacht. Seltsamerweise fanden wir dann
immer dort, wo die Entscheidung fiel, einen Vorrath von Bierfässern
vor, der für eine ganze „ostasiatische Expedition“ ausreichend er—
scheinen würde.
Die dienstlichen Verhältnisse in Hanau waren denkbarst bequem.
Rekruten- und formales Kompagnie-Exerziren konnte auf dem vor
der Kaserne gelegenen Paradeplatz stattfinden. Störend wirkte hier
nur der freie Verkehr des Publikums, welcher, da die Stadt das