Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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selbst seitlich verschoben und das ganze Schießstandsgelände ver— 
breitert werden. 
Nach beendigtem Dienste eilte der junge Offizier im Frühjahr 
und Sommer meist noch zum Kurhaus, wo ihn die Schönheiten ver— 
schiedenster Nationalität ebenso gern erwarteten, wie er sich ihnen 
jetzt näherte, zu „Spiel und süßer Minne“. Selten suchte er statt 
dessen den Stammtisch im „Nonnenhof“ auf, wo die älteren Offiziere 
sich nach vollbrachtem Tagewerk zu einem Glase feurigen Nerobergers 
und anderer Perlen des Rheingaues zu versammeln pflegten. 
Im Winter nahm der gesellschaftliche Verkehr meistens ein noch 
bunteres Gepräge an. Die verschiedenartigsten Kreise standen dem 
Offizier offen, und in allen wurde er gern gesehen und mit Aus— 
zeichnung behandelt. Es würde zu weit führen, die Namen aller 
Fürstlichkeiten, hervorragenden Künstler und Gelehrten anzuführen, 
mit denen die Offiziere hierbei zusammentrafen. Dabei wuchs die 
Stadt Wiesbaden, trotzdem das Spiel 1873 aufgehoben wurde, dank 
ihrer klimatischen Lage und berühmten Heilquellen immer weiter. 
Heutzutage hat die Eröffnung des Neuen Königlichen Theaters die 
Anziehungskraft Wiesbadens sogar noch erhöht. Da wird es immer 
schwieriger, den geselligen Verkehr der Offiziere so zu gestalten, daß 
keine Zersplitterung eintritt und doch die vielen Kreise besucht 
werden, in denen ihr Erscheinen nothwendig oder wünschenswerth ist. 
Sehr freundschaftlich gestaltete sich das Verhältniß zum Artillerie— 
Regiment. In beiden Offizierkorps ist die Kameradschaft keine 
Form geblieben. Die Räume des Offizierkasinos waren bis 1887 
sogar völlig gemeinsam. Leider hatte dies schließlich den Nachtheil, 
daß keiner von beiden Truppentheilen für die wohnliche Ausstattung 
der Räume eintreten wollte und dieselben in einen Zustand geriethen, 
der es angezeigt erscheinen ließ, jedem Truppentheile getrennte 
Partien zuzuweisen. So kam es zu einer örtlichen Trennung 
auch beim Mittagstisch, die, von Vielen bedauert, aber doch 
die Folge hatte, daß jetzt in beiden Kasinos Alles behaglich und 
wohnlich aussieht. 
Auch mit der Unteroffizierschule Biebrich stand das J. Bataillon 
zeitweise in ähnlichem engen Verkehr. 
Wie groß die Anziehungskraft Wiesbadens ist, sieht Jeder auch 
an der großen Anzahl der dort lebenden inaktiven Offiziere. Daß 
unser Offizierkorps in seinem ganzen Auftreten und Charakter 
gerade diesen erfahrenen Militärs gefiel, daß also die von ihm fest—
	        
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