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Bei der abendlichen Festvorstellung im Königlichen Theater sprach
Fräulein Wolf den von Bernhard Scholz verfaßten Prolog. Nach
dem Wagnerschen Kaisermarsch folgte dann eine Scene aus „Templer
and Jüdin“ mit Unterlage eines Textes von Hoffmann v. Fallers—
leben, eine von Caffieri gesungene, mit donnerndem Beifall auf⸗
genommene Huldigung für Kaiser Wilhelm, dann eine Balletscene
„Waffentanz“ und ein Vaudeville: „Der hundertjährige Greis“, welches
die Verherrlichung des Eisernen Kreuzes zum Gegenstand hatte.
Den Abschluß bildete ein von einem Wiesbadener, Gustav v. Rößler,
verfaßtes Festspiel: „Barbarossas Erwachen“, dessen Schlußscene, die
Vereinigung der Vertreter aller deutschen Stämme um die Büste des
zroßen Kaisers Wilhelm, die Zuschauer zu stürmischem Beifall hinriß.
Eine festliche Beleuchtung der Stadt und ein großes Fest in
den Kuranlagen beschlossen die Feier. Für den folgenden Tag aber
war ein großes Volksfest „unter den Eichen“ veranstaltet, und auch
dieses verlief in der schönsten Harmonie.
Am Abend des Einzugstages erhielt Bürgermeister Coulin auch
noch folgendes Telegramm des Oberst v. Colomb aus Bar le Duc:
„Ist es mir auch nicht vergönnt, mit meinen braven Füsilieren
in Wiesbaden einzuziehen, werde ich in Gedanken doch dem schönen
Feste beiwohnen, wohl eingedenk der freundlichen Theilnahme, welche
mir bei meiner Rückkehr von Wörth in so reichem Maße geworden.
Ich kann daher nicht unterlassen, einen freundlichen Gruß zu senden,
und trinke auf das Wohl der Stadt Wiesbaden und ihrer liebens—
würdigen Einwohner, wenn auch nicht in feurigem Rheinwein,
sondern in französischem Schaum, so doch nicht minder aufrichtig
gemeint. Hoch Wiesbaden!“
Eine besondere Ehrung sollte dem J. Bataillon noch gleich am
Tage nach seiner Ankunft bevorstehen. Von Seiner Königlichen Hoheit
dem Prinzen Carl von Preußen, welchem Oberstlieutenant v. Kaweczynski
den Einzug des Regiments gemeldet hatte, war an Seine Majestät
telegraphirt worden, und der Regimentskommandeur hatte am Nach—
mittage aus dem Kabinet Befehl erhalten, die Reserven noch nicht
zu entlassen, da Seine Majestät am anderen Vormittage das
J. Bataillon noch einmal zu sehen wünsche. Wer könnte den Jubel
beschreiben, den diese Nachricht bei Allen hervorrief, welche heim—
gekehrt waren nach so reichen Erlebnissen.
So fand denn am 8. Juli der Frühmorgen das J. Bataillon
wieder in der Wilhelmstraße bereit. Zum letzten Male hatten die