Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

521 
jungen Leute, die vive la République schrien. Das konnte man 
mit vollster Seelenruhe anhören. 
Die Truppen nahmen verschiedene Wege, um in den für sie 
angewiesenen Stadttheil einzurücken. Das 11II. Bataillon Nr. 80 
wandte sich über das Thor la Muette nach der Avenue du Roi de 
Rome und dem Arc de Triomphe, um von da durch die Champs 
Elysées den Place de la Concorde vor den Tuilerien zu passiren. 
Dann rückte das Bataillon in die Gegend des Trocadero, von dessen 
Höhe der schöne Blick auf das Champ de Mars für die sonst ge— 
ringen Freuden sattsam entschädigen konnte. Die Truppen mußten 
biwakiren oder auf Wache ziehen,“*) jedenfalls aber versammelt 
bleiben, und da fast kein Hotel oder Vergnügungslokal offen war, 
so blieben sie auch auf das beschränkt, was sie mitgenommen hatten. 
Der Tuileriengarten, die Stelle der größten Sehenswürdigkeiten 
der schönen Seine-Stadt, war am ersten Tage noch geschlossen, und 
so wurde auch die Neugierde oder der Wissensdrang wenig befriedigt. 
Dennoch empfand Keiner von all diesen Tausenden Langeweile oder 
Begierde nach dem oder jenem Genusse, der allgemeine Siegesrausch 
ließ solche Dinge völlig vergessen. Man nahm vorlieb mit dem, 
was da war. 
Das 111. Bataillon ließ zum Andenken an diese Vorgänge in 
Paris eine Erinnerungsmedaille fertigen, für die Offiziere aus 
Silber, für die Mannschaften aus vergoldeter Legirung mit der In— 
schrift: „DII. Bataillon Hessischen Füsilier-Kegiments Nr. 80“ und 
„Paris le 1. Mars 1871, Trocadero“, als Berloque zu tragen. 
Für gut Geld war also auch diese friedliche Eroberung zu machen 
gewesen. 
Sonst freilich waren die Verhältnisse doch nicht ganz freundliche. 
So hatte das Offizierkorps am 2. März abends ein Restaurant 
am Place d'Eylau besucht und dort Liebesmahl gehalten, während 
die Kapelle des Bataillons vor dem Hause konzertirte. Bei dem 
Abmarsch am 3. März wurden ab und zu Drohrufe bei der 
Bevölkerung laut, nach dem Verlassen der Stadt aber ward das 
genannte Restaurant von dem Pöbel heimgesucht und mitsammt seinem 
Inventar vollständig zertrümmert. Das war die Rache für den 
Einzug der Deutschen. 
*Die 9. Kompagnie besetzte die Alma-Brücke, die 12. die Jena-Brücke 
und die von Grenelles, die 10. die Porte Dauphine und de la Muette, die 11. 
die Porte d'Auteuil und Point du Jour.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.