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jungen Leute, die vive la République schrien. Das konnte man
mit vollster Seelenruhe anhören.
Die Truppen nahmen verschiedene Wege, um in den für sie
angewiesenen Stadttheil einzurücken. Das 11II. Bataillon Nr. 80
wandte sich über das Thor la Muette nach der Avenue du Roi de
Rome und dem Arc de Triomphe, um von da durch die Champs
Elysées den Place de la Concorde vor den Tuilerien zu passiren.
Dann rückte das Bataillon in die Gegend des Trocadero, von dessen
Höhe der schöne Blick auf das Champ de Mars für die sonst ge—
ringen Freuden sattsam entschädigen konnte. Die Truppen mußten
biwakiren oder auf Wache ziehen,“*) jedenfalls aber versammelt
bleiben, und da fast kein Hotel oder Vergnügungslokal offen war,
so blieben sie auch auf das beschränkt, was sie mitgenommen hatten.
Der Tuileriengarten, die Stelle der größten Sehenswürdigkeiten
der schönen Seine-Stadt, war am ersten Tage noch geschlossen, und
so wurde auch die Neugierde oder der Wissensdrang wenig befriedigt.
Dennoch empfand Keiner von all diesen Tausenden Langeweile oder
Begierde nach dem oder jenem Genusse, der allgemeine Siegesrausch
ließ solche Dinge völlig vergessen. Man nahm vorlieb mit dem,
was da war.
Das 111. Bataillon ließ zum Andenken an diese Vorgänge in
Paris eine Erinnerungsmedaille fertigen, für die Offiziere aus
Silber, für die Mannschaften aus vergoldeter Legirung mit der In—
schrift: „DII. Bataillon Hessischen Füsilier-Kegiments Nr. 80“ und
„Paris le 1. Mars 1871, Trocadero“, als Berloque zu tragen.
Für gut Geld war also auch diese friedliche Eroberung zu machen
gewesen.
Sonst freilich waren die Verhältnisse doch nicht ganz freundliche.
So hatte das Offizierkorps am 2. März abends ein Restaurant
am Place d'Eylau besucht und dort Liebesmahl gehalten, während
die Kapelle des Bataillons vor dem Hause konzertirte. Bei dem
Abmarsch am 3. März wurden ab und zu Drohrufe bei der
Bevölkerung laut, nach dem Verlassen der Stadt aber ward das
genannte Restaurant von dem Pöbel heimgesucht und mitsammt seinem
Inventar vollständig zertrümmert. Das war die Rache für den
Einzug der Deutschen.
*Die 9. Kompagnie besetzte die Alma-Brücke, die 12. die Jena-Brücke
und die von Grenelles, die 10. die Porte Dauphine und de la Muette, die 11.
die Porte d'Auteuil und Point du Jour.