Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Eine dunkle Masse an der Stelle der Brücke, wo sonst unsere Parla— 
mentäre mit den französischen die ausgesuchtesten Höflichkeiten aus— 
getanscht hatten, bezeichnete das Ziel, worauf anscheinend vergeblich 
von jenseits her geschossen wurde. Schon machte sich auch auf 
deutscher Seite ein Jeder schußfertig, als sich nach einiger Weile 
der Nebel hob und deutlich eine Gestalt hervortreten ließ, die Jeder 
kannte, ein wohlerhaltenes Exemplar eines Meisters Petz. Eine 
Schelmenhand hatte ihn hierher versetzt, nachdem er in einer Villa 
von Bellevue vorgefunden worden war und dann in einer der 
Offizierswohnungen längere Zeit sein beschauliches Leben hatte fort— 
führen dürfen. Eines Tages war er ohne Abschied verschwunden. 
Jetzt stand er da mit drohend erhobener Rechte, während das 
feindliche Feuer erst nach und nach erstarb. 
Noch lange Zeit spielte der ausgestopfte Bär auf der Sèvres— 
Brücke und die tadellose Schießübung der Franzosen auf ihn eine 
Rolle bei den Erzählungen auf Vorposten. 
Freilich, bei dem beständigen Hin und Her des Alarmzustandes 
und den Strapazen oder Entbehrungen nahm auch der Krankenstand 
zu und erreichte einen hohen Stand. Die Bataillone zählten 
meistens nicht mehr als 600 bis 700 Gewehre in der Front. 
Es kam hinzu, daß namentlich das II. bayerische Korps wieder— 
holt das Ziel größerer oder kleinerer Ausfallsversuche der Franzosen 
wurde und die Vertheidigung der nahen Stellung von Clamart 
stets eine Rolle spielte. Ebenso erlaubte auch der nahe Mont 
Valérien Unternehmungen gegen das V. Korps, so namentlich am 
21. Oktober, dem Tage von Malmaison. Bei solchen Verhältnissen 
war an Ruhe nicht zu denken, auch wenn die Truvpvpen nicht selbst 
auf Vorposten kommandirt waren. 
Daß ein Jeder desto mehr freilich den günstigen Augenblick 
benutzte, um sich zu erholen und dem Leben die besten Seiten ab— 
zugewinnen, lag nahe. Ein Gang nach dem nahen Versailles oder 
auch nur das Vorüberfahren der königlichen Suite durch Viroflay 
nach den vorderen Stellungen erfrischte die Geister sehr bald. Das 
prachtvolle Schloß von Versailles und der vielleicht noch schönere 
Park mit seinen Wassern, das große Nationalmuseum mit den zahl— 
losen Verherrlichungen des französischen Ruhmes und Stolzes, sie 
blieben immer wieder die Anziehungspunkte für denjenigen, welcher 
Sinn für Pracht und Schönheit besaß. Und wenn jener königliche 
Zug daher kam, um durch die breite Straße von Viroflay Bas zu
	        
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