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Eine dunkle Masse an der Stelle der Brücke, wo sonst unsere Parla—
mentäre mit den französischen die ausgesuchtesten Höflichkeiten aus—
getanscht hatten, bezeichnete das Ziel, worauf anscheinend vergeblich
von jenseits her geschossen wurde. Schon machte sich auch auf
deutscher Seite ein Jeder schußfertig, als sich nach einiger Weile
der Nebel hob und deutlich eine Gestalt hervortreten ließ, die Jeder
kannte, ein wohlerhaltenes Exemplar eines Meisters Petz. Eine
Schelmenhand hatte ihn hierher versetzt, nachdem er in einer Villa
von Bellevue vorgefunden worden war und dann in einer der
Offizierswohnungen längere Zeit sein beschauliches Leben hatte fort—
führen dürfen. Eines Tages war er ohne Abschied verschwunden.
Jetzt stand er da mit drohend erhobener Rechte, während das
feindliche Feuer erst nach und nach erstarb.
Noch lange Zeit spielte der ausgestopfte Bär auf der Sèvres—
Brücke und die tadellose Schießübung der Franzosen auf ihn eine
Rolle bei den Erzählungen auf Vorposten.
Freilich, bei dem beständigen Hin und Her des Alarmzustandes
und den Strapazen oder Entbehrungen nahm auch der Krankenstand
zu und erreichte einen hohen Stand. Die Bataillone zählten
meistens nicht mehr als 600 bis 700 Gewehre in der Front.
Es kam hinzu, daß namentlich das II. bayerische Korps wieder—
holt das Ziel größerer oder kleinerer Ausfallsversuche der Franzosen
wurde und die Vertheidigung der nahen Stellung von Clamart
stets eine Rolle spielte. Ebenso erlaubte auch der nahe Mont
Valérien Unternehmungen gegen das V. Korps, so namentlich am
21. Oktober, dem Tage von Malmaison. Bei solchen Verhältnissen
war an Ruhe nicht zu denken, auch wenn die Truvpvpen nicht selbst
auf Vorposten kommandirt waren.
Daß ein Jeder desto mehr freilich den günstigen Augenblick
benutzte, um sich zu erholen und dem Leben die besten Seiten ab—
zugewinnen, lag nahe. Ein Gang nach dem nahen Versailles oder
auch nur das Vorüberfahren der königlichen Suite durch Viroflay
nach den vorderen Stellungen erfrischte die Geister sehr bald. Das
prachtvolle Schloß von Versailles und der vielleicht noch schönere
Park mit seinen Wassern, das große Nationalmuseum mit den zahl—
losen Verherrlichungen des französischen Ruhmes und Stolzes, sie
blieben immer wieder die Anziehungspunkte für denjenigen, welcher
Sinn für Pracht und Schönheit besaß. Und wenn jener königliche
Zug daher kam, um durch die breite Straße von Viroflay Bas zu