Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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allen Luxus der Welt, wenn auch zu geradezu unerhörten Preisen. 
Später wurde es in gewisser Beziehung noch schlimmer, weil die 
Rinderpest ausbrach und damit die Periode des Hammelfleisches 
und der Erbswurst begann, die viel verrufene Periode des ewigen 
Einerleies. 
Der deutsche Humor überwand allerdings manches von diesen 
oft alles Maß übersteigenden Entbehrungen, Strapazen und Mühen. 
Es ist bekannt, wie die einzelnen Barrikaden, Blockhäuser und 
raufgräben ausgestattet wurden mit allen erdenklichen Theilen einer 
prächtigen und luxuriösen Hauseinrichtung, daß manches schöne und 
hequeme Sopha, manches klangvolle Klavier dort Aufstellung erhielt, 
daß viele herrliche Stücke aus der Porzellanfabrik in Sèvres 
einen Gebrauch fanden, der seltsam abstach von dem reichen Schmuck 
und der künstlerischen Gliederung der Waare. Hier war es ähnlich. 
Aus den vielen Landhäusern und Schlössern entnahm man, was an 
brauchbarer Einrichtung vorhanden war, und verwendete es nicht 
nur dazu, um die oft ganz leer stehenden Quartiere auszustaffiren 
und wohnlich zu machen, namentlich auch jedem Manne ein einiger— 
naßen gutes Lager zu verschaffen, sondern die Kompagniewagen 
brachten auch den Vorposten das Nöthige in ihre Stellungen, wenn 
die Abenddämmerung kam. Später wurden sogar in den einzelnen 
Feldwachen und Postenstellungen Inventarienverzeichnisse der dorthin 
gebrachten Einrichtungen eingeführt, weil sonst Alles entweder 
in andere Hände überging oder nur unnöthig hin- und her— 
wanderte. Gar mancher Posten streckte sich auf einem schönen Pelze 
oder einer Chaiselongue aus, während sein Auge durch die nahe 
Schießlitze über das Vorgelände schweifte. Von selbst erwachte dann 
der frische Soldatenhumor, wenn er solche Kontraste verwirklicht fand. 
Auch die glückliche Unterlage für den Humor, ein guter Tropfen 
zesunden Weines und, was der dentschen Kehle manchmal noch lieber 
ist, gesunden Bieres, war vorhanden. Innerhalb der Kantonne— 
ments des Regiments wurden mehrere große vermauerte Weinlager 
entdeckt, besonders von dem III. Bataillon eines in Sèvres nahe 
der Brücke, eine Lage freilich, welche die Bergung dieses Schatzes 
recht schwierig machte. Der Wein mußte immer mit einiger Lebens— 
gefahr geholt werden, da auch vom jenseitigen Ufer die Sachlage 
bald entdeckt worden war und Jeder mit Schnellfeuer begrüßt 
wurde, der sich diesem Schatze näherte. Dennoch besorgten sich die 
Kompagnien Weinvorräthe von 20 bis 30 Fässern mit je 10001
	        
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