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Napoleon so gewöhnte Unterbringen der Truppen nicht — und un—
bekannt mit den dabei zu stellenden Anforderungen, glaubten die
Leute vielfach schon vergewaltigt zu werden, wenn auch nur das
Nothwendigste beansprucht wurde. Glücklicherweise waren hier die
Läden wenigstens noch wie sonst offen, und was fehlte, konnte somit
schließlich gekauft werden. Das deutsche Geld fand sehr bald An—
lang genug. Freilich ging es nicht überall glatt ab. Die Ein—
wohner legten an nichts Hand mit an, und wollte der Soldat nicht
rasten, so mußte er selbst suchen, um Eßbares und Trinkbares zu
erhalten. Da fehlte es nicht an unangenehmen Auftritten, wobei
beide Theile unnöthig zu leiden hatten. Viele Quartierwirthe ver—
krochen sich dann unter demonstrativen Gebärden hinter ihren
aminen und warteten resignirt, was ihnen noch beschieden sein
sollte. An manchen Stellen aber mußte das versteckte Gut hervor—
geholt werden, manches Vieh und Kleinvieh wurde kurzer Hand
als gute Beute erklärt, manches Haus erbrochen, wenn seine Be—
wohner es verlassen hatten. Es war kein Wunder, daß nach dem
Weggang eines solchen ungeheuren Stromes hungernder und dursten⸗
der Menschen auch eine sonst blühende Gegend wie von einer
schweren Landplage getroffen aussah. Wehe dem, der diese herauf—
»eschworen hatte, wie viel Verwünschungen mußten ihm später
gelten.
Nun folgte der Vormarsch gegen die Mosel-Linie. Hier er—
wartete und hoffte man den Feind wieder vorzufinden, es gab des—
halb von Neuem Vorposten und Biwaks. Dazu lagen die Vor—
marschstraßen der einzelnen Korps jetzt unmittelbar nebeneinander.
Am rechten Flügel der Dritten Armee befand sich in vorderster
Linie auf der Straße über Finstingen Lauterfingen — Dieuze — Mar—
al —Vic—Champenonx das II. bayerische Korps, in der Mitte das
J. Korps an Saarburg nördlich vorbei auf der Straße über
Heming —Azoudange — Bourdonnay — Einville —Maixe — Dombasle,
am linken Flügel endlich das XI. Korps an Saarburg südlich vor—
bei auf der Straße über St. Georg nach Lunéville. In zweiter
Linie folgten das J. bayerische Korps, die 12. Division (vom
VIJ. Armeekorps vorausgeschickt) und die Württembergische Division.
Die Erste und Zweite Armee unter dem Könige befanden sich zur
Zeit auf dem Vormarsche gegen Metz und die dorthin abgezogene
französische Haupt-Armee (Bazaine). Der linke Flügel der Zweiten
und die Dritte Armee standen gegen die Hauptmassen noch zurück