Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Wir werden sehen, daß die hier geschilderten Auffassungen des 
Marschalls, eines der kriegserfahrensten Führer der kaiserlichen 
Armee, ihre vollste Bestätigung erhalten sollten. Es gelang ihm, 
sowohl die Umfassung seines linken Flügels, trotz der Nähe des sie 
begünstigenden Vorgeländes, zurückzuweisen, als auch den Angreifer 
zum übermäßig heftigen Anfassen der Front, ja zum Umfassen des 
rechten Flügels, anstatt der von ihm geplanten Umflügelung zu 
verleiten. In zwei Dingen nur hatte er sich verrechnet, in der 
Zähigkeit des Angreifers, der trotz unverhältnißmäßig großen Kraft— 
verbrauches doch noch den Widerstand des französischen rechten 
Flügels, ja endlich auch den der Front brach, und dann in der 
Schnelligkeit, mit der auch die zum Theil ziemlich weit entfernten 
Kräfte zweiter Linie beim Angreifer nach dem Schlachtfelde heran— 
rückten. Bei den Deutschen kam es durch das Eintreffen dieser 
Kräfte schließlich doch noch zu der geplanten Umfassung des linken 
und Umflügelung des rechten französischen Flügels, während Mac 
Mahon selbst jene Verstärkungen, die er vom 5. Korps (Failly) 
aus Bitsch erwartete, erst so spät erhielt, daß er sie nur noch zur 
Rettung aus dem Schiffbruche verwenden konnte. Auf deutscher 
Seite strebte, wie wir sehen werden, jeder einzelne Führer, jeder 
Soldat, heranzukommen, dahin, wo der Kanonendonner die Tapferen 
rief; bei den Franzosen hier, wie bei Weißenburg und bei späteren 
Entscheidungen erklang der Donner vergeblich. Wohl hatte das 
Oberkommando der Dritten Armee selbst keine Ahnung davon, 
daß der heutige Morgen bereits die vorbereitete Entscheidung herbei— 
führen sollte, und selbst, als der Gefechtslärm zuerst, um 8 Uhr 
vormittags, in Sulz vernehmbar wurde, blieb derselbe doch immer 
nur auf Minuten beschränkt. Der Kronprinz begab sich, aufmerksam 
geworden, wohl sofort auf das Zimmer des Generals v. Blumen— 
thal und wollte zu Pferde steigen lassen. General v. Blumenthal 
konnte jedoch aus den gemachten Beobachtungen nichts Zwingendes 
entnehmen und bat im Hinblick auf die nöthige Kontinuität des 
Befehlsweges, wenigstens noch einige Meldungen abzuwarten. Es 
wurde daher vorerst nur angeordnet, daß Alles bereit gemacht werden 
sollte. Das V. Korps und II. bayerische Korps erhielten Weisung, 
wenn irgend möglich, unnöthige Gefechte zu vermeiden, ja abzu— 
brechen, um wenigstens Zeit für das Herankommen der übrigen 
Armeetheile zu lassen. Erst als das Geschützfeuer nach 9 Uhr vor— 
mittags immer lauter, heftiger und anhaltender wurde, setzte sich
	        
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