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Landgrafen und der Schweden nicht früh oder wenigstens nicht genau
genug erfuhr.
Am 13. Juni frühesten Tages rückte der Landgraf in drei
Kolonnen gegen die Einschließungslinie der Kaiserlichen vor. Die
Hauptkolonne ging östlich der Hauptstraße durch den Köbler Wald
und über den Fallbach in der Richtung auf den heutigen Exerzirplatz
bezw. die dortige Schanzenreihe, fünf Schanzen und zwei Batterien,
zum Theil mit Laufgräben untereinander verbunden, vor. Nach ihrer
Fortnahme sollte sie sich der Brücke über die Kinzig versichern, die
Lamboy geschlagen und durch einen Brückenkopf, „das Storchnest“,
gedeckt hatte (die heutige Lamboy-Brücke). Eine linke Seitenkolonne
wandte sich noch mehr östlich und rückte durch das Puppenwäldchen
und später durch den jetzigen Lamboy-Wald in der Richtung auf die
Bulau vor, die sie mit Hülfe von ortskundigen Führern durch Ueber—
schreitung einer Kinzig-Furt, ohne gesehen zu werden, erreichte. Eine
rechte Seitenkolonne, zugleich als Reserve zurückgehalten, ging auf
der Hauptstraße vor, wo sie, mit Ausnahme der Zurückdrängung der
am Kinzigheimer Hof vorgeschobenen kaiserlichen Vorpostenabtheilung
(500 Mann), ihrer Bestimmung gemäß ziemlich unthätig blieb.
Landgraf Wilhelm V. wollte alle Kräfte dazu verwenden, die Kinzig
zu überschreiten, um dann gegen den Lehrhof und die von Lamboy
bei Großsteinheim geschlagene Main-Brücke vorzugehen. Gelang dies,
so war alles Uebrige nur eine Frage der Zeit.
Der Erfolg sollte ihm Recht geben. General Lamboy hatte
seine Infanterie und Artillerie völlig bei der Besetzung aller seiner
Schanzen zersplittert und nur seine Kavallerie, 1500 Pferde, am
Lehrhof, wo zwei starke Schanzen lagen, vereinigt.
Die Hauptkolonne des Angreifers, in zwei Treffen formirt, er—
stürmte die Schanzen nördlich der Kinzig am heutigen Exerzirplatz
nach kurzer Beschießung auf den ersten Stoß und trieb ihre Besatzung
in eiligster Flucht vor sich her. Sie erreichte den Brückenkopf an
der Lamboy-Brücke zu derselben Zeit, als die linke Seitenkolonne
zum Angriff gegen diese von der Bulau aus vorging. Von beiden
Seiten angegriffen, fiel auch dieses Werk in kurzer Zeit; selbst die
Brücke blieb erhalten. Nun zog der Landgraf seine gesammte, bisher
zurückgehaltene Kavallerie vor, und diese, gefolgt von der gesammten
Infanterie, jagte gegen den Lehrhof vor. Zu derselben Zeit war
General Ramsay mit den verfügbaren Truppen von dem Nürnberger
Thore aus ausgefallen und hatte die beiden Schanzen am Lehrhof