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Zwölftes Kapitel.
Weißenburg, am 4. Rugqgust 1870.
Weißenburg, früher Festung, hatte als Stützpunkt gedient für
eine zusammenhängende Befestigungslinie, die an der Lauter entlang
vom Rhein nach den Vogesen führte. Die Festungswerke der Stadt,
wie diese alten „Linien“, waren der Zeit zum Opfer gefallen, die
ersteren boten aber noch immer mit ihren massiven Wällen und
breiten Wassergräben günstige Gelegenheit zum Widerstande im
Feldkriege, und auch die Ueberreste der Schanzen und Laufgräben
an der Lauter und auf den Höhen dicht westlich oder nördlich von
der Stadt waren noch zu Stützpunkten für die Artillerie oder kleine
Infanterieabtheilungen brauchbar.
Dazu begünstigte auch die sonstige Gestaltung des Geländes
die Vertheidigung. Von der augenblicklichen Stellung der Dritten
Armee aus gerechnet, boten sich drei Hauptanmarschwege auf Weißen—
burg. Von Norden, dem Gebirge entlang, führt die Straße von
Bergzabern so heran, daß sie von dem letzten Dorfe, Schweigen,
das etwa 11,2 kmvon der Stadt entfernt liegt, mit einer Ver—
zweigung in das Thal von Weißenburg hinabsteigt. Ueber den
Osttheil dieser Verzweigung kreuzt dann die große Straße von
Landau—Langenkandel —Schweighofen nach Weißenburg und zwar
an der sogenannten Windhofhöhe. Endlich führt der Lauter entlang
eine größere Straße von Lauterburg durch den Bienwald (auch
Niederwald genannt) nach Weißenburg.
Von Schweigen aus oder von der Windhofhöhe sieht man die
Stadt in einem ziemlich breiten Thalkessel liegen, dessen Rückseite
von einem 5 Kmlangen Berge, dem Gaisberge, gebildet wird. Die
Kante dieses Berges, ein schmaler Rücken, liegt von dem Beschauer
noch 3 bis 4 Kmweit ab, eignete sich also nicht selbst zu einer
Artilleriestellung des Vertheidigers. Mehr war dies der Fall bei
den ihm vorliegenden verschiedenen Bergnasen und bei einem sie
umgebenden Kranze breiter Einsenkungen, in denen überall leicht
Deckung und Schutz vor dem Feuer des Angreifers zu finden war.
Nach Westen fallen die Hänge des Berges in leichter Senkung zum
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