Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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9 Tagen war das Regiment marschbereit, denn Alles war bis ins 
Kleinste vorbedacht gewesen und Alles stand bereit zur Verpflegung, 
Ausrüstung und Rangirung der vielen Neuankömmlinge.“) Schnell 
und doch ruhig ging das Uhrwerk seinen Gang. 
Hier kam noch dazwischen, daß am 21. Juli der Befehl an die 
Infanterie-Regimenter der 21. Division erging, sich bei einer 
etwaigen feindlichen Invasion bei Mainz zusammenzuziehen und zur 
Verfügung des dortigen Gouvernements zu stellen. Dies gebot eine 
gewisse Marschbereitschaft schon innerhalb der Mobilmachung ähnlich 
wie bei den Truppen des VIII. Armeekorps. Und doch waren bei 
unserem Regiment recht viel Mannschaften, welche außer einer kurzen 
Uebungszeit von 6 Wochen bisher vom. preußischen Dienste wenig 
gesehen hatten und nun wieder erst in dieser Zeit möglichst 
darin fortzubilden waren. Neben der sorgfältigen Verpassung der 
Anzüge oder Ausrüstung und den zahlreichen Appells, die für die 
wartenden Theile durch Einzelübung im Exerziren, Zielen oder 
durch Unterricht ausgenutzt wurden, wechselten Uebungen in ge— 
schlossenen Abtheilungen, Tirailliren, Marsch-, Gefechts- und Schieß— 
übungen miteinander ab, während Unterricht in den Korporalschaften 
und Zügen den Unteroffizieren und Offizieren die so nöthige Ge— 
legenheit gab, die Leute näher kennen zu lernen, deren verantwort 
liche Führer vor dem Feinde sie sein sollten. 
Die Theilnahme der Bevölkerung, die Rastlosigkeit, mit der 
sie bis zur letzten Minute für das Wohl der ins Feld Ziehenden 
zu sorgen bereit war, sie half über die Mühen dieser bewegten Zeit 
hinaus. Welche Begeisterung in jenen Tagen im Volke herrschte, 
ist der heutigen jungen Welt freilich wenig mehr verständlich. Mochte 
auch manche Thräne der Wehmuth bei Vater und Mutter, bei Weib 
und Kind, Schwester und Braut fallen, mit freudigem Herzen und 
Selbstüberwindung, um sich nicht gegenseitig weich zu machen, riß 
man sich los voneinander, und der junge Bursch, der wackere Haus— 
vater, sie eilten fort mit dem Entschluß, sich für das Vaterland zu 
opfern, wenn es sein müsse. In allen drei Garnisonen des Regi— 
ments aber benutzten Bürger und Rath der Stadt den Augenblick 
der Abfahrt oder des Ausmarsches der Truppen dazu, durch eine 
allgemeine Kundgebung der Trauer und des Abschiedsschmerzes 
x) Die ersten Reserven trafen am fünften Tage, dem 20. Juli, die letzten 
am neunten Tage, dem 24. Juli, ein, ihre Einkleiduna war in der Nacht zum 
25. Juli beendet.
	        
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