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und Weilburg befanden sich weder brauchbare Schemahefte noch
Dienstvorschriften. In Weilburg war ein ganz unerfahrener, des
Schreibens nur in geringem Maße kundiger Unteroffizier die einzige
Unterstützung des Adjutanten. Er wich daher sehr bald einem
anderen ehemalig kurhessischen Unteroffizier Christe, der, abgesehen
von ähnlichen dienstlichen Eigenheiten, wie jener Regimentsschreiber
sie hatte, zum Glück brauchbar war. Er verblieb in seiner Stellung
noch eine lange Reihe von Jahren.
Was die Ausbildung in den verschiedenen Zweigen des Dienstes
betraf, so mußte auch dabei zunächst die Einheitlichkeit und das
gegenseitige schnelle Verständniß hergestellt werden, denn die dienst⸗
ichen Gewohnheiten, Kommandos, Zeichen, Signale u. s. f. waren
immerhin recht verschieden. Die Kommandeure veranlaßten deswegen
zunächst Instruktionsstunden aller Unteroffiziere ihrer Bataillone
durch die ältesten preußischen Hauptleute, bei denen auch die Offiziere
zugegen sein mußten. Hier lernten alle Theile ihre Dienstobliegen—
heiten genau kennen, und zugleich die Art und Weise, wie der Dienst
vreußischerseits gehandhabt wird. Dann wurde der praktische Dienst
in kleinen Abtheilungen durch altpreußische Offiziere und Unter—
offiziere vorgeführt und schließlich durch Einübung des hessischen
Personals diesem die nöthige Sicherheit im Kommando oder in den
Einzelheiten der vorzunehmenden Uebungen gegeben. Eine Offizier-,
Turn- und Bajonettirstunde, an welcher auch die Hauptleute theil—
zunehmen hatten, galt mehr der Art des Betriebes, als der Er—
zielung von persönlichen Leistungen, denn in diesen stachen die
hessischen Offiziere und Unteroffiziere geradewegs hervor, wie sie
denn überhaupt eigentlich immer nur die alten Gewohnheiten zu be—
seitigen hatten.
Als dann nach Beginn des Jahres 1867 andere noch nicht
im preußischen Dienste ausgebildete Mannschaften der neuen Landes—
theile eingezogen und mit ihrer Ausbildung auch die älteren ehe⸗
malig hessischen Offiziere betraut wurden, ergab die nach Ostern
stattfindende Vorstellung Erfolge, die allseits anerkannt wurden.
In der dann beginnenden Ausbildung der Kompagnien und später
der Bataillone wurden die letzten Schwierigkeiten überwunden, und
sämmtliche höhere Vorgesetzte verfehlten nicht, ihre Anerkennung
darüber auszudrücken. Der Brigadekommandeur, General v. Schacht—
meyer, schien sein besonderes Wohlgefallen an den gewandten und
schneidigen „Hessen“ zu haben und nahm jede Gelegenheit wahr,