Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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erwartet wurden, Tische und Stühle aus den sieben bis acht Offizier— 
wohnungen des Hauses geholt werden, um die Gäste überhaupt zu 
placiren. Entstammten doch die ersten Luxusartikel, die das Regiment 
in seinem öden Kasino erhielt, einer besonderen Gnade des Königs, 
der im Jahre 1867 sein Bild und im folgenden Jahre ein Billard 
schenkte. Trotz aller dieser Einfachheit begann mit der Uebersiedelung 
des Offizierkorps in diese Räume eine neue angenehmere Zeit und 
in der allerbesten Kameradschaft mit den Offizieren des 11. Artillerie— 
Regiments. Die erste Köchin war eine alte, erfahrene und vorsorg— 
liche Persönlichkeit und verwaltete ihr Küchenregiment recht gut. 
Leider besaß sie eine etwas kriegerische Natur, und so löste sich das 
anfänglich gute Verhältniß bald. Ihre Nachfolgerin war ihr darin 
anähnlich und blieb daher im Regiment eine erhebliche Anzahl von 
Jahren zur allgemeinen Zufriedenheit. 
So anspruchslos nun auch der Offiziertisch und das Kasino des 
Regiments waren, so vergnügte Stunden vermochte sich der Kenner 
oder Liebhaber des schönen Rebensaftes vom Rhein zu verschaffen, 
dessen Erwerbung bei der „Annexion“ und dank der Güte der Wein— 
jahre von 1857, 1858, 1859, 1861, 1862 und 1865 verhältniß— 
mäßig leicht gewesen war. Wir sahen daher manchen Gast, der 
bei solchem Genuß die wenig üppige Ausstattung der Räume und 
des Tisches vergaß und sich von ihm auch weiter verlocken ließ, ja 
es kam durch die oft zahlreichen Gäste, die sich hier in dem Spielbade 
von allen Seiten einfanden, für die Offiziere manchmal zu recht 
hohen Tischrechnungen, welche erst wieder durch große Sparsamkeit 
auf anderen Gebieten ausgeglichen werden konnten. Das geschah 
denn aber auch, und mit Stolz konnte das Offizierkorps sagen, daß 
es trotz der Verführungen der Garnison und des öffentlichen Spieles 
bei sich nicht eine gescheiterte Existenz zu beklagen hatte. 
Sehr schwierig. war es auch für die Offiziere, den richtigen Weg 
in die damals nicht leicht zu übersehenden geselligen Verhältnisse 
von Wiesbaden zu finden. Das Gesellschaftsleben war im höchsten 
Maße luxuriös, und weder der Regimentskommandeur noch die ver— 
heiratheten Offiziere konnten sich mit ihren Mitteln in den Strudel 
desselben stürzen, zumal die einzelnen Kreise, in welcher die Welt 
hier verkehrte, nicht immer einwandsfrei zu sein schienen. Da waren 
englische Zirkel, amerikanische, holländische und vor Allem russische 
Kreise, die zweifellos sehr amüsant, aber doch mit Vorsicht zu ge— 
nießen waren, und in allen diesen Kreisen pulsirte das Leben des 
Geschichte des Füs. Regts. von Gersdorff (Hess.) Nr. 80. 28
	        
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