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Offizieren des ehemaligen kurhessischen Leib-Garde-Regiments, welches
das stärkste Kontingent zu dem neuen Truppentheil gestellt hatte, ein
recht gezwungenes gewesen war. Die hessischen Offiziere hielten
sich fast durchgehends außerdienstlich in einer Reserve, die nur
Schritt für Schritt zu überwinden war. Erst die glückliche Ein—
gebung Einzelner konnte das Eis dieser Zurückhaltung brechen.
Die preußischen Offiziere des J. Bataillons (Wiesbaden) empfingen
ihre früher kurhessischen Kameraden an dem Geburtstage ihres ehe—
maligen Landesherrn am 20. August 1867 mit einer Bowle und
baten, mit ihnen auf das Wohl dieses Fürsten anstoßen zu können.
Der Kommandeur des III. Bataillons, Oberstlieutenant v. Bessel,
versammelte an demselben Tage sämmtliche Offiziere im Parade—
anzuge um sich und sprach sich namentlich lobend über das vorzüg—
liche Verhalten der vormals hessischen Offiziere aus. Er habe gerade
diesen Tag ausgewählt, um diese Anerkennung auszusprechen, weil
derselbe in ihren Erinnerungen wohl stets eine Stätte haben werde.
Es ist kein Wunder, wenn ein solcher echt kameradschaftlicher Ton
dem guten Geist im Offizierkorps überall die Wege öffnete.
Eigenartig waren zuerst die wirthschaftlichen und gesellschaftlichen
Verhältnisse des Offizierkorps. Sie stachen namentlich in Wiesbaden
und Biebrich gar sehr ab von dem Luxus und Treiben der Außen—
welt. An ein, wie sonst üblich, mit gewisser Behaglichkeit aus—
gestattetes Kasino war anfangs gar nicht zu denken. Die Räume der
früheren nassauischen Kadettenschule mit werthvoller Bibliothek und
physikalischen Instrumenten standen nicht gleich zur Verfügung, es
oergingen noch Monate, ehe sie dem Regiment überwiesen wurden.
Vorläufig fand das Offizierkorps bei der Wittwe Engel, einer be—
tagten und sehr gutmüthigen Frau, die ein besuchtes Restaurant in
Wiesbaden hielt, in einem Hinterzimmer ein bescheidenes, aber freund—
liches Unterkommen und einen bescheidenen, aber anständigen Mittags-
tisch. Als sonst nicht vorhandenes Dessert erschien nach Tisch meist
Frau Engel selbst, um die Unterhaltung zu beleben; ja die erst zarten,
dann deutlicher hervortretenden Andeutungen, daß ihr Erscheinen nicht
durchaus nöthig sei, hätten beinahe zu einem Bruch der beiderseitigen
Beziehungen geführt. Auch die spätere Uebersiedelung in die Räume
des ehemalig nassauischen Kadettenhauses als dem nunmehrigen Kasino
unseres J. Bataillons und der II. Abtheilung des damaligen 11. Ar—
tillerie-Regiments hatte zuerst noch mit recht bescheidenen Einrichtungen
znu rechnen. Mußten doch bei allen Liebesmahlen, zu denen Gäste