Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Geltung erhielt, aber dort keine solchen Nachtheile brachte, wie bei 
den kurhessischen. Bei diesen war das Avancement seit vielen Jahren 
sehr langsam gewesen, und der Krieg von 1866 hatte auch keine 
Veränderung hervorgebracht. Da konnte vorläufig nur der gute Takt 
des Einzelnen und der kameradschaftliche Sinn aushelfen. Im 
Uebrigen geschah Alles, um später wenigstens in Bezug auf das 
Avancement Ungleichheiten im Regiment zu verhüten. So wurden 
bis zum Beginn des deutsch-französischen Krieges die in der Rang— 
liste des neuen Regiments ihrem alten Patent zufolge vorangestellten 
kurhessischen Offiziere derartig befördert, daß 4 Hauptleute zu Stabs— 
offizieren, 6 Premierlieutenants zu Hauptleuten und Kompagniechefs 
und 6 Sekondlieutenants zu Premierlieutenants ernannt waren. 
Eine derartig schnelle Beförderung hätten die Betheiligten in ihrer 
früheren Armee nicht haben können.*) 
Zum Kommandeur des neuen Regiments war der bisherige 
Kommandeur des Magdeburgischen Jäger-Bataillons Nr. 4, Oberst— 
lieutenant v. Colomb, ernannt worden, ein sehr bald von allen 
Offizieren des Regiments als wahrhaft vornehme und ritterliche 
Natur, als umsichtiger und energischer, dabei aber ebenso gütiger 
und wohlwollender Vorgesetzter angesehener Maun. Gerade er war 
für diese Werdezeit des Regiments der geeignetste Führer, und manche 
Erinnerung der alten Regimentskameraden bezieht sich auf seine 
Person, auf seine Art, zu denken, zu handeln und zu erziehen. Zum 
Regimentsadjutanten hatte der König in diesem Falle selbst den 
bisher im 1. Garde-Regiment zu Fuß stehenden Premierlieutenant 
o. Müller bestimmt und ihm bei seiner Abmeldung in Babelsberg 
folgende Mahnung mit auf den Weg gegeben: „Ich habe Sie als 
Regimentsadjutant in ein hervorragend zusammengesetztes Offizier— 
korps versetzt. Sorgen Sie dafür, daß die Gesinnungen, unter 
welchen Sie in Meinem 1. Garde-Regiment aufgewachsen sind, auch 
dort volle Geltung finden.“ Wie schwer das sein mußte in Garnisonen, 
welche wie Wiesbaden und Biebrich damals den raffinirtesten Luxus 
der Welt aus erster oder wenigstens zweiter Hand boten, mit den 
Leidenschaften der Menschen bald da bald dort spielten und so 
manches Glück beim Einzelnen oder auch bei ganzen Familien zer— 
*) 1869 wurde durch Kriegsministerial-Verfügung vom 22. März noch 
angeordnet, daß den ehemalig hessischen Offizieren die Kriegsjahre 1848, 1849, 
1850 ebenso angerechnet würden, als wenn dieselben in preußischen Diensten ge— 
standen hätten.
	        
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