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Truppe war schwächer geworden, aber nicht vernichtet, und das
aus diesem Stamme entsprossene kurhessische Leibgarde-Regiment
konnte mit Recht und Fug seine Geschichte auf diejenige des
Regiments Garde und Regiments Garde-Grenadiere zurückführen,
solange sein Fürst überhaupt sein Selbstbestimmungsrecht besaß.
Das erste kriegerische Ereigniß, welches in diesem Zeitraum
von 1795 bis 1866 Aussichten auf Betheiligung der hessischen
Truppen an demselben gab, war die gegen Frankreich gerichtete
Mobilmachung Preußens im Jahre 1805. Hessen Cassel, seit 1803
Kurfürstenthum, war so eng mit Preußen verbunden gewesen, wie
wenige andere deutsche Staaten, und so rechnete auch die preußische
Regierung völlig darauf, daß der Kurfürst an den kriegerischen
Maßregeln Preußens theilnehmen werde. Im Jahre 1805 kam
es auch dazu, aber die preußische Regierung sah nicht die Zwangs—
lage, in welcher sich Hessen schon seit 1803 den Anerbietungen oder
Drohungen Napoleons gegenüber befand. Die seine Geschicke
leitenden Personen verschlossen die Augen vor den Ereignissen in
ganz Europa und ebenso vor denen in dem kleinen Hessen. Nur
Männer wie Blücher und Rüchel, zwei Brauseköpfe eigenster Art,
erkannten die Sachlage und warnten, ja versuchten später auf ihre
Art, Hessen zum Anschluß an Preußen zu bringen, mochte dann
Napoleon thun, was er wollte. Blücher marschirte schließlich am
5. Oktober 1806 in Hessen ein, Rüchel aber setzte dem Kurfürsten
derartig mit Vorstellungen zu, daß dieser sich ihre Form sehr verbat.
Im Jahre 1805 schien dergleichen, wie gesagt, noch nicht so
auffallend nöthig.
Der Kurfürst erklärte sich schon deshalb sehr gern zu einer
Betheiligung an den Maßregeln Preußens bereit, weil diese gerade—
wegs den Schutz der Neutralität Norddeutschlands zum Wahl—
spruch hatten. Nach der Niederlage der Oesterreicher unter Mack
bei Ulm zog der Kurfürst seine Truppen zum Theil in einen Ver—
sammlungsrayon zwischen Eder —,Ohm —Schwelm zusammen und
erklärte sich bereit, ein aus den hessischen Truppen und den unter
General v. Blücher in Westfalen stehenden preußischen Truppen
kombinirtes Korps zu kommandiren. Anfang Dezember wurden
10 000 Mann hessischer Truppen bis nach Fulda vorgeschoben,
während der Kurfürst sich nach Paderborn begab, um mit Blücher
Absprache über dessen Verhalten als Führer der „Avantgarde“ des
kombinirten Korps zu halten. Die beiden Regimenter Garde und