Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

228 
335 
Jeder Grenadier beeilte sich, wenigstens eine Handvoll Patronen 
aus diesem Schatze zu gewinnen, und als dies unter fröhlichem Ge— 
jauchze geschehen war, ließ Hauptmann v. Trott feuern und ging 
dann mit dem Bajonett auf den nunmehr dicht vor seinen wenigen 
Leuten erscheinenden Feind los. Dieser machte ohne Weiteres Kehrt, 
aber damit war die Gefahr noch nicht vorüber, denn schon avan— 
eirte die feindliche Infanterie, und dichte Schützenschwärme versuchten 
der kleinen Hessenschar den Rückzug zu verlegen. Es blieb nichts 
übrig, als den Weg durch das Wasser zu nehmen, und so stürzte 
sich Alles, Feind und Freund, in die Espierre, wobei ein wildes 
Handgemenge entstand und die hessischen Grenadiere zu ihrem 
Schaden bemerken mußten, daß ihnen ihre langen martialischen Zöpfe, 
auf welche sie nicht weniger stolz waren wie auf ihre grimmig aus— 
sehenden Bärenmützen, überall im Wege waren. Gar mancher 
büßte sein Leben dadurch ein, daß die gewandten Verfolger seinen 
Zopf erfaßten und ihn selbst dadurch wehrlos machten. Ein Drittel 
wohl der kleinen Schar wurde hier gefangen oder getödtet oder 
ertrank. Der Herzog von NYork aber, die Rufe, daß die Brücke 
nahe sei, überhörend, war ebenfalls, nachdem er abgestiegen, durch 
das Flüßchen gewatet und hatte sich mit Mühe auf das andere 
Ufer gerettet. Dort setzte er sich wieder auf und eilte, ohne auf 
Weiteres zu achten, über Leers nach Nechin. 
Während dieser Vorgänge war auch bei Tourcoin der Rückzug 
vor dem mit immer stärkeren Massen vordringenden und sich gegen 
die linke Flanke der dort stehenden Truppen wendenden Feinde an— 
getreten worden. General Montfrault hatte ein großes Viereck 
bilden lassen, 2 Bataillone Joseph Colloredo und 2 Bataillone 
Kaunitz vorn, das Bataillon Germann rechts, das III/Kaunitz links, 
die Kavallerie auf der Kehrtseite, in dem Innern die Artillerie, die 
leichte Infanterie ringsum als Schützenschwarm vertheilt. So ging 
es, da der Weg über Watrelos nicht mehr frei war, auf dem 
nächsten Seitenwege zurück, zuerst in guter Ordnung, trotz des 
immer heftiger und kühner andringenden Gegners. Endlich gelang es 
diesem, die leichten Truppen zu durchstoßen und bei dem III/Kaunitz 
Verwirrung zu schaffen. Diese nahm überhand, als die Espierre 
überschritten wurde. Was noch nie in diesem Kriege geschehen war, 
die Ordnung löste sich auf, und bald wälzte sich Alles in wildem 
Schwarme gegen Leers zu. Alles Geschütz wurde verloren, weil eine 
Unmasse tiefer Gräben zu überschreiten waren und die Bedienungs—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.