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Streitmacht erhalten, die unter jungen und thatkräftigen Führern
bald das lernte, was ihr fehlte. Die Manövrirfähigkeit dieser
Truppen war zuerst sehr gering und besserte sich nur langsam, aber
die Noth wies dieselben auf den richtigen Weg, und namentlich die
Schlacht bei Hondschoote hatte gezeigt, wieviel Aussichten gegenüber
der alten Schule das Tirailleurgefecht und die richtige Benutzung
des Geländes jetzt haben müsse. Das zerstreute Gefecht, wie es in
Amerika unter ganz ähnlichen Verhältnissen aufgekommen war und
ähnliche Triumphe erzielt hatte, es stimmte auch überein mit dem
ganzen Charakter der Franzosen, der von Natur selbständig, gewandt,
tollkühn und scharfsinnig, alle Vortheile dieser Kampfesart für sich
ausnützen konnte. Die französische Armee hatte an innerem Halte
so viel gewonnen, daß sie nicht mehr durch Niederlagen herabzustimmen
war, sie hatte mit ihrer Fechtweise die Erfahrung gemacht, daß sie
gegen diejenige der alten Schule reichlich auskam, ja sie bald über—
flügeln mußte. Das Schlimmste aber war, daß die Verbündeten nichts
an ihrer Kampfesweise änderten, ja Alles, selbst das sichtbar Ver—
altete, beibehielten. Die Wenigen, welche in Amerika mehr gelernt
hatten, vermochten mit ihrem Beispiel nicht durchzudringen. Es blieb
Alles beim Alten. Langsame Operationen, schwerfällige Maßnahmen
für den Unterhalt der Truppen, ängstliche Rücksichtnahme darauf bei
jeder kleinsten Operation, schematische Auffassung der Befehlsführung
und Befehlsausführung, schematisches Gefecht, — Alles das trug
noch den Stempel des Kampfes lange vor Friedrich dem Großen
an sich, denn auch dessen geniale Auffassung und Anwendung der
gebräuchlichen Kampfesweise war entweder nicht verstanden oder aber
vergessen worden. Endlich stand es auch mit der moralischen Ueber—
legenheit auf Seiten der Verbündeten nachgerade bedenklich, die
vielen Unfälle der beiden Jahre 1792 und 1793 hatten die Fahnen
der Alliirten der Unüberwindlichkeit entkleidet, das Vertrauen zu der
Führung war sehr gesunken, um so mehr, als die Truppen selbst sich
zweifellos noch immer ausgezeichnet schlugen.
Die zweite Abtheilung der hessischen Truppen, welche nach den
Niederlanden abrücken sollte, war im Anfang Oktober 1793 marsch—
fertig gewesen, hatte dann am 17. Oktober unter dem Generalmajor
v. Hanstein ihren Marsch angetreten und war über Coblenz —Cöln—
Aachen —Lüttich nach Löwen gerückt, wo sie am 11. November an—
langte. Dann rückte sie nach Brüssel—Ath und nach Tournay zur
Armee des Herzogs von York. Am 22. Dezember ging es in die