Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Streitmacht erhalten, die unter jungen und thatkräftigen Führern 
bald das lernte, was ihr fehlte. Die Manövrirfähigkeit dieser 
Truppen war zuerst sehr gering und besserte sich nur langsam, aber 
die Noth wies dieselben auf den richtigen Weg, und namentlich die 
Schlacht bei Hondschoote hatte gezeigt, wieviel Aussichten gegenüber 
der alten Schule das Tirailleurgefecht und die richtige Benutzung 
des Geländes jetzt haben müsse. Das zerstreute Gefecht, wie es in 
Amerika unter ganz ähnlichen Verhältnissen aufgekommen war und 
ähnliche Triumphe erzielt hatte, es stimmte auch überein mit dem 
ganzen Charakter der Franzosen, der von Natur selbständig, gewandt, 
tollkühn und scharfsinnig, alle Vortheile dieser Kampfesart für sich 
ausnützen konnte. Die französische Armee hatte an innerem Halte 
so viel gewonnen, daß sie nicht mehr durch Niederlagen herabzustimmen 
war, sie hatte mit ihrer Fechtweise die Erfahrung gemacht, daß sie 
gegen diejenige der alten Schule reichlich auskam, ja sie bald über— 
flügeln mußte. Das Schlimmste aber war, daß die Verbündeten nichts 
an ihrer Kampfesweise änderten, ja Alles, selbst das sichtbar Ver— 
altete, beibehielten. Die Wenigen, welche in Amerika mehr gelernt 
hatten, vermochten mit ihrem Beispiel nicht durchzudringen. Es blieb 
Alles beim Alten. Langsame Operationen, schwerfällige Maßnahmen 
für den Unterhalt der Truppen, ängstliche Rücksichtnahme darauf bei 
jeder kleinsten Operation, schematische Auffassung der Befehlsführung 
und Befehlsausführung, schematisches Gefecht, — Alles das trug 
noch den Stempel des Kampfes lange vor Friedrich dem Großen 
an sich, denn auch dessen geniale Auffassung und Anwendung der 
gebräuchlichen Kampfesweise war entweder nicht verstanden oder aber 
vergessen worden. Endlich stand es auch mit der moralischen Ueber— 
legenheit auf Seiten der Verbündeten nachgerade bedenklich, die 
vielen Unfälle der beiden Jahre 1792 und 1793 hatten die Fahnen 
der Alliirten der Unüberwindlichkeit entkleidet, das Vertrauen zu der 
Führung war sehr gesunken, um so mehr, als die Truppen selbst sich 
zweifellos noch immer ausgezeichnet schlugen. 
Die zweite Abtheilung der hessischen Truppen, welche nach den 
Niederlanden abrücken sollte, war im Anfang Oktober 1793 marsch— 
fertig gewesen, hatte dann am 17. Oktober unter dem Generalmajor 
v. Hanstein ihren Marsch angetreten und war über Coblenz —Cöln— 
Aachen —Lüttich nach Löwen gerückt, wo sie am 11. November an— 
langte. Dann rückte sie nach Brüssel—Ath und nach Tournay zur 
Armee des Herzogs von York. Am 22. Dezember ging es in die
	        
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