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Gleichzeitig mit diesem Angriff der Preußen auf Costheim
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die feindlichen Vortruppen gegen Castel zurückzudrücken. Es waren
dazu in der Nacht vorher zwei mit Geschütz besetzte Fleschen erbaut
worden, und auf sie gestützt, gingen nun hessische Abtheilungen, die
Kavallerie voraus, gegen Castel vor. Der beabsichtigte Zweck
wurde zum Theil auch erreicht, die französischen Vorposten gingen
etwas zurück, und erst im Bereich der Batterie der Peters-Aue gelang
es nicht mehr, vorwärts zu kommen.
Vorläufig trat nunmehr eine Pause ein, abgesehen von kleineren
Scharmützeln und einem Ueberfallsversuch der Preußen am 15. Mai
oormittags. Es trafen einige preußische und darmstädtische Ba—
taillone als Verstärkung auf dieser Front ein, so daß wenigstens der
sehr anstrengend gewordene Vorpostendienst erleichtert wurde. Dann
trafen Belagerungsgeschütze ein, die wenigstens zum Theil auch hier
in Stellung gebracht wurden, obwohl der eigentliche Angriff jetzt
gegen die Südostfront von Mainz ins Auge gefaßt worden war.
Leider war die eigentliche Belagerung noch gar weit vom Ziele.
Man war erst nach langen Zweifeln und Berathungen zu dem eben
erwähnten Entschluß gekommen, hatte nun viel Schwierigkeiten und
Mühen, um das zuerst bei Schierstein, Walluf, Eltville u. s. f. an—
gesammelte Belagerungsmaterial in die Gegend von Hechtsheim ge—
langen zu lassen, ja die Heranschaffung desselben hatte überhaupt
rine unendliche Mühe und noch mehr Geld gekostet, denn Preußen
hatte seine Depots weit, und die übrigen Staaten wollten nur gegen
Geldvergütung mit ihren Beständen aushelfen. Erst ein Ausfall
der Mainzer Besatzung am 31. Mai gegen die Einschließungslinie
am linken Rhein-Ufer, der bis zu dem nunmehr nach Marienborn
berlegten Hauptquartier des Königs drang, beschleunigte die für den
Angriff der Festung ins Auge gefaßten Vorbereitungen mehr. Am
16. Juni waren diese so weit gediehen, daß in der kommenden Nacht die
Laufgräben gegen die sogen. Weißenauer Front geschritten werden konnten.
Bis dahin hatten sich die Kämpfe bei Costheim zu einem förm—
lichen Inselkrieg entwickelt. Die Franzosen hatten sich in der Nacht
zum 21. Mai auf der Bleichaue und dem sogen. Mainkopfe mit stär—
keren Kräften festgesetzt in einem Buschgelände, wo ihnen schwer beizu—
kommen war. Fast ununterbrochen begann hier der Kampf auf nächste
Entfernung, bald hatte der eine Theil die Oberhand, bald der andere, ein
wirklicher Fortschritt war jedoch auf preußischer Seite nicht eingetreten.