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zubrechen, während das Garde-Grenadier-Regiment sich wieder etwas
zurückziehen und hinter dem J. Bataillon Garde neu formiren
sollte.
Letzteres Bataillon nahm die ganze Breite der Straße ein, das
Zurückgehen des Garde-Grenadier-Regiments verursachte daher neues
Bedränge, weshalb der Oberst des Garde-Regiments, v. Benning,
seinen Leuten mit donnernder Stimme zurief, stehen zu bleiben.
Dies hatte zur Folge, daß die Mannschaft regungslos mit ge—
schultertem Gewehre unter dem nunmehr unausweichlichen Kugelregen
rusharrte. Sank ein Mann der vordersten Glieder todt oder ver—
wundet zu Boden, so trat wie auf dem Exerzirplatz sein Hinter—
mann mit scharf geschultertem Gewehr an seine Stelle. Nichts be—
wegte sich sonst im ganzen Regiment als die weiße Fahne. Kein
Laut ward hörbar, als das Anprasseln der feindlichen Geschosse an
die Eisentheile oder der dumpfe Seufzer eines Dahingestreckten. Dann
ließ Oberst v. Benning das Geschütz vorziehen, Kehrt machen und
eine Strecke zurückmarschiren. Die mitgeführte preußische Batterie
hatte schon von weit her ihr Feuer auf den Wall eröffnet, jetzt gelang
es, zwei hessische Regimentsgeschütze vor dem Thor selbst in Stellung
zu bringen, und nachdem eine Zeit darüber verstrichen war, krachte
das Thor entzwei und die Zugbrücke hernieder. Es war das nicht
Schuld dieser Geschütze. Im Innern des Thores hatte sich bereits
seit einiger Zeit ein heftiger Kampf dadurch entsponnen, daß mehrere
hewaffnete Volkshaufen sich auf die Vertheidiger geworfen und diese
ichließlich überwältigt hatten.
Nun erschallte überall das Kommando: „Vorwärts!“ und das
i. Bataillon Garde, Major v. Offenbach, Lieutenant v. Cochen⸗
sausen und v. Dörnberg, nebst dem Fähnrich v. Ditfurth voraus,
drangen in den Thorweg ein, eine Kompagnie stürmte den Thurm,
die übrigen Kompagnien eilten weiter die Friedberger Gasse entlang
dis zur „Zeil“, Alles niederwerfend, was noch Widerstand leistete.
Dahinter das J. Bataillon Garde-Grenadier-Regiments, welches
sich gegen den Wallgang warf. Lieutenant v. Selchow war der Erste,
der den Wall erstieg, ihm folgte der Fähnrich Appelius mit der
Fahne, die nun aufgepflanzt wurde. Das II. Bataillon Garde—
Grenadier-Regiments wandte sich nach dem Eschenheimer Thor, das
Grenadier-Bataillon v. Philippsthal nach dem Allerheiligen Thor,
die Jäger nach dem Bockenheimer Thore. Die Kavallerie eilte in
die Seitenstraßen, um zu verfolgen.