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fanterie zählte nur vier schwache Bataillone Grenadiere. Das
Grenadier-Bataillon Schlotheim, eines derselben, war an dem
Dosenberge bei Uttershausen halten geblieben, um der Hauptkolonne
Vorsprung zu lassen und den Truppen Montcheaus Aufenthalt zu
bereiten. General Luckner selbst gelangte noch bis über die so⸗
genannte Kalbsburg hinaus und in die große Ebene zwischen
Fritzlar—Wabern, als von Süden her jene Kavalleriemasse unter
Broglio herankam. Unter solchen Verhältnissen konnte er nichts
Anderes thun als seinen eigenen Marsch zu beschleunigen, was ihm
auch gelang. Ohne Verlust erreichten seine Truppen die Eder
und Fritzlar.
Nur das Grenadier-Bataillon Schlotheim befand sich nicht
unter ihnen. Dasselhe hatte seinen Rückzug zwar angetreten und
wollte sich, in Karrees formirt, von Udenborn zunächst nach dem
aus alten Eichen und Buchen bestehenden, damals sehr viel aus—
gedehnteren sogenannten „Forst“ von Zennern ziehen, welcher vom
Fuß der „Kalbsburg“ aus die große Straße nach Fritzlar begleitete.
Oberst v. Schlotheim hatte die nur an 300 Mann starke Mann—
schaft ermahnt, zu bedenken, wer sie wäre, hatte sie erinnert, daß er
unerschütterliche Ruhe und pünktlichste Ausführung des Kommandos
verlange, und nun war bereits nach einigen hundert Schritten die
feindliche Kavallerie vor dem Bataillon. Oberst v. Schlotheims
ruhige Stimme läßt das Bataillon halten, dann das Gewehr an—
schlagen. Schon ist die feindliche Kavallerie auf Schußweite heran,
aber noch läßt das Kommando zum Feuern auf sich warten. Jeden
Augenblick einer ihnen entgegenkrachenden Salve entgegensehend,
ziehen die feindlichen Reiter unwillkürlich die Zügel an und pariren
endlich dicht vor der Front. Im Bataillon aber bewegt sich weder
Mann noch Führer. Regungslos harren Alle des Kommandos
zum Feuer. Da wendet sich die feindliche Kavallerie plötzlich, von
einem unfaßbaren Grauen gepackt, und eilt fluchtartig zurück. Aber
schon eilen neue Schwärme herbei, um die Attacke wieder auf⸗
zunehmen. Oberst v. Schlotheim hat seinen Weg fortgesetzt, er
erreicht schon die schützende Waldung. Hier kann die Kavallerie
nicht in Masse durchkommen, und sie läßt von ihm ab, in der Hoff—
nung, seinen Rückweg noch zu belästigen, wenn er den Wald ver—
lassen wird, um den Eder-Uebergang zu erreichen. Aber auch davor
bewahrt ihn ein gütiges Geschick. Broglio hat die Meldung von
der Haltung, mit der das Bataillon seinen Rückzug durchgeführt hat.