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Verfolgung der Armee Clermonts selbst beschäftigt. Eine linke
Seitenabtheilung seiner Armee unter dem Prinzen von Holstein
hatte sich über Bielefeld — Dülmen auf die Fährte Clermonts gesetzt,
während der Herzog selbst mehr nördlich vorrückte. Nur dieses
Seitenkorps hatte einige Zusammenstöße mit dem Feinde, der einen
ernsthaften Widerstand nicht mehr leistete. In der That war die
rauzösische Armee, wie sie im Augenblicke sich zeigte, fast un⸗
»rauchbar, und auch Graf Clermont hielt sie dafür. Dennoch war
sie wieder die einzige, welche Frankreich zur Zeit überhaupt besaß,
und so ist es wohl zu erklären, daß ihr Führer zufrieden war,
etzt hinter dem Rhein zu stehen, und daß er vorher alle Stellungen
ohne Widerstand aufgegeben hatte. Nicht zufrieden freilich mit dem
Ergebniß dieser Art Kriegführung war man in Versailles. Clermont
vurde schleunigst abberufen und durch den Marquis von Contades
ersetzt mit dem Befehl, sofort die Offensive zu ergreifen und den
derzog von Braunschweig zur Entscheidungsschlacht zu zwingen.
Ob sie gewonnen oder verloren wurde, schien vor der Hand un—
wichtig. Das militärische Ansehen Frankreichs hatte nach Roßbach und
aach diesem fluchtartigen Rückzuge der Haupt-⸗Armee so bedenklich
Jelitten, daß man wenigstens zeigen wollte, Frankreich habe noch
ine Armee. Ehe Contades ankommen konnte, fiel jedoch schon die
Entscheidung.
Herzog Ferdinand hatte seine Truppen in der Gegend von
Münster einige Zeit in Quartiere verlegt und nur Vortruppen dem
Rheine genähert. Er hatte außerdem den Prinzen Menburg mit
einem stärkeren Korps nach Hessen abgesandt, um dem im Hanauischen
stehenden Soubise entgegentreten zu lassen. Am 29. Mai rückte
die alliirte Armee wieder vor, um nun auch den Rhein zu über—
schreiten. In sehr geschickter Weise verstand Herzog Ferdinand den
Feind über den ins Auge gefaßten Uebergangspunkt zu täuschen
und den Uebergang über den Strom in der Nacht zum 2. Juni
bei Emmerich zu vollziehen. Am 3. Juni stand seine Armee jenseits
des Stromes und zwar zugleich so, daß sie die sehr breite Auf⸗
stellung der feindlichen Armee zwischen Düss eldorf—Wesel von Norden
her aufrollen konnte. Vergeblich suchte Clermont seine Armee
schnell bei Rheinberg zu versammeln, um dort Widerstand zu leisten.
Zeine Truppen wurden überall zurückgeworfen, und erst bei Crefeld
gelang es ihm, aber auch nur vollkommen in der Vertheidigung, dem
Herzog mit versammelter Kraft entgegenzutreten.