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marsches der Russen in Preußen zurück und beließ sie nur auf
dringendste Vorstellungen des Herzogs Ferdinand.
Bei diesem ganzen Stand der Dinge war der Plan des
Herzogs, den er jetzt namentlich durch einen überraschend frühen
Aufbruch aus den Winterquartieren (am 17. Februar) in die Wege
leitete, ein bewundernswürdiger. Zuerst wollte er Bremen, das die
Franzosen am 16. Januar als Hülfstruppen des Kaisers besetzt
hatten, nehmen, um möglichst bald an der Weser einen freien Aus—
fallspunkt zu besitzen, dann aber wollte er hineinstoßen in die feind—
liche Aufstellung, um die Gruppe in Hannover von der in West—
falen zu trennen. Gelang dies, so war vielleicht die feindliche
Haupt-Armee östlich der Weser abzuschneiden.
In der That überraschten schon die ersten Bewegungen der
alliirten Armee den Feind derartig, daß das bei Bremen stehende
Korps des Generals St. Germain, um nicht abgeschnitten zu
werden, am 23. Februar gegen Osnabrück abzog, während ein
aunderes ebenso eilig seinen Aufstellungspunkt Verden verließ und
damit der alliirten Armee die Aller-Linie preisgab. Erst als
der Herzog nunmehr diesen Fluß passirte, gegen Minden vor—
marschirte und sich das vom Erbprinzen von Braunschweig berannte
Nienburg nach wenigen Tagen (am 28. Februar) ergab, bemerkte
man bei der französischen Haupt-Armee die Gefahr, in welcher sie sich
befand. Richelien war abberufen worden, und Graf Clermont hatte
den Oberbefehl übernommen. Aufs Eiligste wurde Celle, Hildesheim,
Braunschweig, Hannover verlassen und mit etwa 40 000 Mann der
Rückzug nach Hameln angetreten, aber es gelang nicht, diesen Ueber—
gang eher zu erreichen, als Minden an den Herzog, der inzwischen
von Nienburg aus auf beiden Weser⸗Ufern weiter vorgerückt war und
diese Festung belagert hatte, überging; d. i. am 14. März. Von
Hameln ging der Marsch Clermonts ebenso eilig gegen Paderborn,
wo aber auch noch kein Halt war. In immer zunehmender Be—
stürzung und Auflösung gelangte die französische Armee, bald da,
bald dort versprengte Theile wieder aufnehmend, über Lippstadt
(26. März), Hamm (27. März) und Dorsten nach Wesel (30. März),
um hier erst hinter dem schützenden Rhein-Strom Halt zu machen.
Ein panischer Schrecken, fast so wie nach der Schlacht bei Roßbach,
hatte ihren Rückmarsch zur Flucht ausarten lassen, wobei sie un—
geheueren Verlust an Menschen und Material hatte.
Der Herzog von Braunschweig hatte sich nicht einmal mit der