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gegen, um so mehr, als dem englischen Obergeneral schon längst die
Engherzigkeit der Generalstaaten und die Eifersucht der holländischen
Generale jedes Zusammenwirken mit ihnen auf holländischem Gebiete
verleidet hatte. Marlborough hatte schon im Vorjahre (1703) einige
Hülfe gesendet, jetzt gingen die Unterhandlungen mit ihm dahin,
daß das Gros seiner Armee von den Niederlanden her nach Süd—
deutschland abrücken sollte, um mit den Truppen des Markgrafen
von Baden vereint gegen die französisch-bayerische Armee vorzu—
gehen. Das mußte angesichts der französischen Heerestheile, die sich
an den Grenzen Deutschlands überall ausbreiteten und überall auch
im Vortheil waren, an sich schon nicht leicht sein, ebenso wie der
ungestörte und täuschende Abmarsch Marlboroughs aus seiner bis—
herigen Stellung in den Niederlanden. Noch schwieriger war jedoch
die unter den augenblicklichen Verhältnissen nothwendige Täuschung
der Generalstaaten, ja auch der englischen Regierung, deren Interessen
denen des Kaisers von Deutschland nur eben im Nothfalle ent—
sprechen wollten.
Dennoch gelang es Marlborough, sowohl Feind wie Freund
über seine Absichten zu täuschen und durch den Abmarsch seiner
Armee von der Maas nach der Donau den Kriegsschauplatz an die
entscheidende Stelle zu versetzen. Hier wurden erst die grundlegenden
Erfolge der Alliirten errungen, denen dann später der Sieg Marl—
boroughs bei Ramillies auch im Norden die wünschenswerthe Aus—
dehnung verschaffte.
Ende April war Marlborough, nachdem er die Bedenken seiner
Regierung gegen seinen Plan beseitigt hatte, mit bedeutenden Ver—
stärkungen in Holland gelandet und in Mastricht eingetroffen. Alles,
was geschah, ließ glauben, daß der Feldzug an der Mosel eröffnet
werden würde, und daß Marlborough gegen Metz vorrücken wollte.
Auverkerque erhielt den Oberbefehl an der Maas, Marlborough
rückte mit 15 000 Mann englischer Truppen gegen die Mosel ab.
Villeroy hatte nichts Eiligeres zu thun, als seinem Beispiele zu
folgen und unter Zurücklassung Bedmars in den „Linien“ gegen
Huy vorzurücken. Die Verwunderung Villeroys war groß, als
sein Gegner, ohne sich aufzuhalten, mit seinem Korps nach Coblenz
rückte und sich dort mit den frühzeitig dorthin befohlenen Hessen
und Lüneburgern, je 10 000 Mann stark, vereinigte. Villeroy wurde
aber noch weiter getäuscht, denn während Marlborough seinen Marsch
nach Mainz fortsetzte, rückte der Marschall in dem Glauben, daß der