Wilhelm IX. Hessischer Staatsschate
war. Aber nicht nur große Herren borgten bei ihm, auch der eigene Unter⸗
tan, der hessische Landmann erhielt Darlehen zu billigen Zinsen, sodaß der
Reichtum des Fürsten dem kleinen Manne wieder zu Gute kam. Das war
auch bei seinen Bauten der Fall, die Tausende von Händen beschäftigten,
wie er denn auch ausdrücklich die Absicht aussprach, d'employer l'argent pour
des monuments de bâtisse et pour le bien du pays.“ Geine Bauleidenschaft
dauerte bis zu seinem Tode, im übrigen beschäftigte er sich nur damit, seine
Gelder zu tesaurieren.
Sein Zeitgenosse Ludewig X. von Hessen-Darmstadt gab über eine halbe
Million von den Subsidiengeldern aus, um in Rastatt und Regensburg die
Franzosen zu bestechen, die ihm dafür im Reichsdeputationshauptschluß große
Landesteile zuschanzten. „Nie ist ein Kapital solider und auf bessere Zin⸗
sen angelegt worden, als dieses“ schrieb der hessen-darmstädtische Minister
Du Thil in seinen Denkwürdigkeiten und fügte hinzu: „Was hätte der
Herr Kurfürst von Hessen damals nicht machen können, wenn ihn, den reich—
sten deutschen Fürsten, nicht eingewurzelter Geiz und die Ungeschicklichkeit
seiner Leute abgehalten hätte, seine Millionen zu benutzen!“ Es waren wohl
nicht moralische Bedenken, die den Kurfürsten abhielten, sein Geld so zu
verwenden, wenn er auch öfters seine Entrüstung darüber laut werden ließ,
daß deutsche Lande „verschachert“ würden. Seine Agenten erhielten ver⸗
hältnismäßig kleine Trinkgelder, sodaß Kurhessen nur mit unbedeutenden
Entschädigungen abgefunden wurde, während der darmstädtische Vetter hun⸗
dert Quadrakmeilen mit 200000 Einwohnern erhielt und sich nun eben—
bürtig neben Kassel stellen konnte. Aber die Finanzpolitik des Kurfürsten
hatte wenigstens das eine Gute, daß die durch die Subsidiengelder angesam—
elten Mullionen im wesentlichen erhalten wurden, wenn auch die Franzosen
während der Okkupationszeit einen Teil davon schluckten. Da der alte Kur⸗
fürst sich nicht gern in seine sinanziellen Karten gucken ließ, ist es nicht leicht
festzustellen, was eigentlich nach 1813 an Geld noch vorhanden war, so sehr
auch die hessischen Stände sich bemühten, es zu erfahren. Erst die Ausein—
andersetzung des Jahres 1830 brachte bestimmte Zahlen, wobei festgestellt
wurde, daß sich damals über 30700000 fl. in der kurfürstlichen Kabinetts—
kasse befanden. Der damals gebildete hessische Staatsschatz, dessen Ge—
schicke ich in einer besonderen Schrift aktenmäßig behandelt habe,wo brachte
einen jährlichen Reinertrag von etwa 3530000 Talern. Der Kopitalwert
des hessischen Staatsschatzes war um 1866 etwa 5/. Million Taler. Die
sinanzielle Lage des kurhessischen Staates war überhaupt infolge der bes—
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y9 Losch, Kurfürst Wilhelm J. 237.
loo Zur Geschichte des kurhessischen Staatsschatzes. Nach unveröffentlichten Quellen. Kassel
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