FPinanepolitik Friedriehs II. und Wilhelms IX. 57
Die reichen Geldmittel, die ihm durch die Subsidien zu Gebote standen,
verwandte der vielgeschmähte Fürstes in vorbildlicher Weise, um die Wun—
den des Krieges zu heilen und seine Residenz nicht nur wiederherzustellen,
sondern zu erweitern und zu verschönern. Daneben gründete er auf dem Lan—
de wie sein Großvater eine Anzahl von Kolonien, die seinen und seiner Ge⸗
mahlin Namen tragen, und suchte überhaupt den Wohlstand seines Landes
in jeder Weise zu heben, freilich, wie das den damaligen Anschauungen
entsprach. Die Hauptstadt kam dabei am besten weg, aber auch das platte
Land bekam den materiellen Vorteil des amerikanischen Subsidienvertrages
durch finanzielle Erleichterungen (wie den Erlaß des halben Schreckenber—
gers und der Kriegskontribution) zu spüren.“ Die Beschuldigung, daß der
Landgraf seine amerikanischen Soldaten bei der Besoldung benachteiligt
habe, hat Kapp in der Hist. Zs. 42,326 wieder zurückgenommen, aber in
seinem Buche wird sie dennoch weiter verbreitet. Die hessischen Soldaten,
die schon während des Feldzuges beträchtliche Summen nach Hause ge—
schickt hatten (vgl. oben S. 26, Anm. 9), brachten bei der Heimkehr so viel
Geld mit sich, daß ein anonhmer Korrespondent des Deutschen Museums
im Januar 1784 die Besorgnis aussprach, daß der gemeine Mann dadurch
zu Verschwendung und andern Lastern verführt werden würde. „Was die
vermehrte Geldmasse ... in Hessen wirken wird“, meinte er, „wird die Er—
fahrung lehren“. Die Besorgnis dieses Briefschreibers war grundlos. Der
gemeine Mann in Hessen blieb bei seiner einfachen Lebensweise. Und Land—
graf Friedrich II. hat zwar an seinem prachtliebenden Hof viel draufgehen
lassen — nur historische Ignoranz hat diesen in Geldsachen und auch sonst
ungemein freigebigen Fürsten des Geizes beschuldigt — aber er hinterließ
doch seinem Nachfolger den stattlichen Betrag von etwa 10 Millionen Ta—
lern.vs
Friedrichs II. Sohn, Wilhelm IX., war nun wirklich geizig, d. h. er
wurde es erst im Laufe der Jahre. Auch er hat seinen hancuischen Unter—
tanen Steuern erlassen, hat auf das übliche don gratuit beim Antritt seiner
Regierung in Kassel verzichtet und überhaupt — namentlich im Aufang
seiner Regierung — der Landbevölkerung, die gegenüber der Hauptstadt un—
ker Friedrich II. zu kurz gekommen war, manches Gute getan. Die schon un—
ter seinem Vater begonnene Finanzpolitik baute er weiter aus und entwickelte
sich schließlich zu einem fürstlichen Großbankier, dem alle Welt verschuldet
6 Der Archivar Krollmann in Königsberg nennt ihn „einen der tüchtigsten und wackersten
Fürsten seiner Zeit“. Euphorion 31 (1930) 290ff.
zaWer sich für Zahlen interessiert, mag sie in der Schrift „Friedrich II. und die neuere
Geschichtsschreibung“? 50f. nachlesen.
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