Lessing Klinger TLene Volbslied
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erst seit dem Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg, der, wie bereits
oben erwähnt, erst eine Anderung des öffentlichen Urteils bewirkte. Nicht
sofort, sonst hätte nicht ein Mann wie Lessing seiner Braut den Rat ge—
geben, ihren Sohn mit nach Amerika gehen zu lassen (S. 26). Man nahm
eben anfangs die Subsidienverträge als ganz selbstverständlich hin. Nicht
einmal die Stürmer und Dränger fanden etwas dabei. Klinger, der dieser
literarischen Bewegung den Namen gegeben hat, ließ sein Drama „Sturm
und Drang“ (1776) in Amerika im Kriege spielen, aber ohne jede Erwäh—
nung der deutschen Hilfsvölker. Klinger fand damals ebensowenig wie
Goethe etwas an den Subsidienverträgen. Er wäre froh gewesen, drüben
für oder auch gegen England zu kämpfen oder auch nur Werbeooffizier für
die Engländer zu werden.“ Später folgte er allerdings der veränderten
Zeitanschauung und ließ Ernst v. Falkenberg, den Helden seiner „Geschichte
eines Deutschen der neusten Zeit“ England verurteilen als das Land, „das
die Söhne der Teutschen von ihren Fürsten erkauft, um sie über das Meer
zur Schlachtbank zu senden“.s Weinhold, der Herausgeber von Lenzens
literarischem Nachlaß, behauptet (S. 111), daß auch dieser Stürmer und
Dränger nach Amerika gehen wollte, wo sein Freund, der Leutnant v. Lin—
dau, beim hessischen Regiment v. Wutginau stand, bis er beim Sturm auf
Fort Wosphington fiel. Lenz führte zwar diesen Plan nicht aus,“ ließ aber
dafür den Helden seines Dramas „Henriette v. Waldeck oder die Laube“
unker die Hessen gehen, um nach Amerika zu ziehen. Weder hier noch in Len—
zens „Waldbruder“, der auch den hessisch-amerikanischen Dinst verwertet,
ist von Soldatenhandel die Rede. Im Gegenteil! In Lenzens Waldbruder
jübelt der Held auf die Nachricht, daß er mit den Hessen nach Amerika
gehen dürfe: „Dieser Sprung aus dem Schulmeisterleben auf die erste
Staffel der Leiter der Ehre und des Glücks, der Himmelsleiter, auf der ich
alle meine Wünsche zu ersteigen hoffe“.
Auch ein damals erschienenes Volkslied über die Revolution in Amerika
Ditfurth, Historische Volkslieder vom Ende des Siebenjährigen Krieges 4)
enthält sich jeder Parteinahme und berichtet nur kurz:
Da wird's bald zum Schlagen kommen,
Wie man hört, rüst't England schon
Hat Hilfstruppen angenommen
Begen hohen Sold und Lohn.
zu Horner, Vor d. Untergang des alten Reichs (1930) 248.
z8 Klinger, Werke 8 (1809) 152.
30 King (The American Revolution in German Literature p. 57ff.) leugnet, daß Lenz nach
Amerika wollte, wie Weinhold meint. Lenz wollte nur seinen Freund vor der Abfahrt nach
Amerika sehen.