Full text: Soldatenhandel

sSeumes Desertion und Selbstbiographie 
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ralsrock ausziehen und 4 Jahre als preußischer Gemeiner dienen. Das ge— 
siel ihm nun begreiflicherweise sehr wenig, wie die damals gedichteten Verse 
zeigen: 
Wer aber schuf Dir, Fremdling, solch ein Recht, 
Daß Du zum Sklav mich machst 
Und wie der Afrikaner seinen Knecht 
Mit Deinem Donner mich bewachst?s6s 
Dieser Bewachung entzog er sich durch dreimalige Desertion, wurde zu 
Spießrutenlaufen verurteilt und entkam schließlich nur durch Bruch eines 
Kautionsversprechens. 
Nun sollte man denken, das deutsche Volk, das sonst von dem Dichter 
Seume herzlich wenig weiß, wüßte etwas von diesen Drangsalen und be— 
dauerte ihn deswegen. Weit gefehlt! Allerdings wird der Dichter bedauert, 
tief bedauert, aber nicht wegen der preußischen Spießruten, sondern weil 
er von den Hessen nach Amerika verkauft wurde, wo es ihm eigentlich doch 
ganz gut ging. 
Da aber riß er aus, und dies Ausreißen wurde durch eine Erinnerungstafel 
an einem Bremer Hause gefeiert, ähnlich wie auf dem Notgeld der Stadt 
Vacha. Also nur Anfang und Ende seines kurzen hessischen Militärdienstes 
sind verewigt. 
Das ist wohl eine Folge seiner Selbstbiographie, die hauptsächlich diesen hes— 
sischen Militärdienst schildert und mit ihm abschließt. Zur Schilderung 
seiner preußischen Leiden ist er nicht mehr gekommen. Wir wollen nicht mit 
ihm darüber rechten, daß er in dieser Biographie sehr viel Dichtung mit 
Wahrheit gemischt hat, das ist das gute Recht des Poeten, und er schreibt 
einmal: „Die Poeten pflegen immer eine starke Licentiam zu haben.“s GSo 
»ehauptet er mehrmals, die Seereise habe 22 Wochen gedauert, während 
sein Schiff nur d Wochen und 2 Tage unterwegs war. So erzählt er die 
Geschichte von der Schiffskost „Heute Erbsen und Speck, morgen Speck und 
Erbsen“ und die viel nachgedruckte Erzählung von dem Umwenden der 
schlafenden Soldaten auf Kommando des Flügelmannes fast genau mit den 
Worten des waldeckischen Fouriers Steuernagelss als Selbsterlebtes. Aber 
das ist nicht so wichtig; denn kein Vernünftiger bezweifelt, daß ein Truppen— 
ktransport im 18. Jahrhundert erheblich unbequemer war als heutzutage 
eine Fahrt auf einem Bremer Lloyddampfer. Alles in allem genommen, ist 
es wirklich ein lesenswerter Beitrag zur Geschichte der Zeit, wenn Seume 
38 Planer-Reißmann bo. 
z4 Planer-Reißmann 53. 
36 Kapp, S. 103.
	        
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