Full text: Soldatenhandel

38 
Uriasbrief 
Engländer für Verwundete nicht den Preis von toten Leuten zu bezahlen 
brauchten. Die hessischen Offiziere, namentlich „Major Mindorf“, sollten 
in Zukunft dafür sorgen, daß ihre Leute wie die Lazedämonier bei Thermo⸗ 
pylä stürben! 
Wer nun eine Ahnung von der Geschichte des Überfalls von Trenton hat, 
wer die echten Briefe Landgraf Friedrichs kennt, die dieser Fürst damals ge— 
schrieben hat, der weiß, daß dieser Uriasbrief nichts wie eine blöde Fälschung 
ist. Aber die Zahl der Kenner ist nicht groß, umso größer die Zahl derer, die 
den Brief als echte Münze nehmen. „Wahre, unläugbare Geschichte!“ 
schreibt der eine, und ein anderer: „So schreibt ein deutscher Fürst! Etwas 
Zynischeres läßt sich nicht denken“ (Czernecki). 
Ich habe Geschichte und Entstehung des Uriasbriefes in der Hessischen Chro— 
nik von 1913, S. 37ff. ausführlich behandelt, will mich deshalb auf ein ganz 
kurzes Resumé des dort Gesagten beschränken. 
Der Brief ist im Original viel länger und nichts als eine bissige Satire, wie 
sie damals in Massen von Frankreich und Amerika aus gegen die Engländer 
und ihre Verbündeten ausgesandt wurden. Die Zeit war reich an derartigen 
kleinen Pamphleten, durch die man den Gegner lächerlich und verächtlich zu 
machen suchte. Man hat damals darüber gelacht, aber kein vernünftig den— 
kender Mensch hat den Brief für echt gehalten, dafür war die politische Sa— 
tire zu deutlich zu erkennen. Für den Verfasser dieser Satire, dieses „jeu 
d'esprit“, hält John Bigelow den bekannten Amerikaner Benjamin Frank—⸗ 
lin und hat dementsprechend den Brief seiner Ausgabe der Werke Franklins 
(Nyork 1905 Vol. 7, 191) einverleibt, obwohl sicher nur feststeht, daß 
Franklin den Brief weiter verbreitet hat (vgl. daselbst Vol. 7, 217). Wer 
dann zuerst die heute geläufige gekürzte Redaktion verfaßt hat, weiß ich nicht. 
Jedenfalls war es ein bewußter Fälscher, der mit seinem Machwerk un— 
zählige Gläubige gefunden und dazu beigetragen hat, die Atmosphäre um den 
Soldatenhandel herum zu vergiften; denn der verkürzte Inhalt wurde un— 
bedenklich für wahr gehalten. 
Wie unausrottbar der Schwindel ist, beweisen zwei neu erschienene ernsthaft 
historische, englisch-amerikanische Bücher,*s in denen es heißt: „Der Landgraf 
beklagte sich bitter darüber, daß ein hessischer Oberst noch keinen einzigen 
Mann verloren habe.“ Ohne den gefälschten Brief zu erwähnen, hat man 
den Inhalt und Wortlaut verwertet! 
56 48 Jahre. Zeichnungen und Skizzen aus der Mappe eines constitutionellen Offiziers 4 
(1852) 165. 
6 F. J. Hudleston, Centleman J. Bourgoyne (1927) pag. 125; F. C. Whitton, The Ame- 
rican War of Independence (1931) p. 341.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.