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Viehzoll Uriasbrief
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den die Durchpassierenden besonders scharf untersucht, damit nicht preußische
Deserteure, wie es öfters vorkam, mit den Hessen nach Amerika gingen.
Das führte dazu, daß bei den letzten Transporten die preußische Grenze mög—
lichst vermieden wurde. So mußten z. B. bei dem letzten Transport, dem
Seume angehörte, die geborenen Preußen bei Hameln von den Schiffen
steigen und einen Marsch zu Lande machen, um Preußisch Minden zu ver—
meiden. Auch Seume hat sich damals als Preuße bekannt, obwohl er ein
geborener Sachse war, angeblich, um sich die Füße zu vertreken. Es wurde
also so genau damit nicht genommen.
Übrigens wurde preußischerseits die strenge Kontrolle erst in den letzten
Jahren des amerikanischen Feldzugs angeordnet. Anfangs war König Fried—
rich II. sogar sehr entgegenkommend. Die Hanauer hinterlegten 1776 bei
dem ersten Transport für einen Zoll- und Dispositionsschein 200 Pf. Ster—
ling bei Emmerich, die sie aber später anstandslos zurückerhielten mit der
Versicherung, wenn man sonst in etwas dienen könne oder sie Hilfe nötig
hätten, so würde es dem preußischen Festungskommandanken „überaus an—
genehm sein, ihnen seine Hochachtung und Freundschaft beweisen zu kön—
nen“.NDies Entgegenkommen erfolgte ausdrücklich „auf allergnädigsten
Befehl Ihrer preußischen Majestät“ und war so auffällig, daß Sir Joseph
Horke am 1. IV. 1777 an Suffolk schreiben konute: No chicanes were
offered at Wesel or any where in the Prussian dominions; on the contrary
every kind of assistance and a declaration that they not would hunt for
deserters, some of which would probably have been found (zu deutsch:
Weder in Wesel noch sonst irgendwo auf preußischem Gebiet gab es Chi—
kanen; im Gegenteil jede Art von Unterstützung zugleich mit der Erklärung,
daß man auf Deserteure keine Jagd machen würde, von denen man wahr
scheinlich einige gefunden hätte.)
Nachher, wie gesagt, wurde das anders. Da jagte und sing man nicht nur
preußische Deserteure, sondern auch hessische, u. a. — Seume.
Der Uriasbrief
So und sooft als Fälschung erwiesen, taucht er immer wieder auf als hi—
storisches Dokument von der Niederträchtigkeit des hessischen Menschen—
händlers. Wer sich jemals mit der Geschichte des öffentlichen Urteils über
den Soldatenhandel beschäftigt hat, der kennt ihn, den Brief, in dem der
hessische Landgraf dem Kommandeur seiner Truppen „Baron Hohendorf“
sein Bedauern darüber ausspricht, daß bei Trenton nur 1650 Hessen gefal—
len seien, wodurch er einen starken finanziellen Verlust erlikten habe, da die
34 Han. Mag.7 (1928) 27.