Propagandader Amerisaner
kamen garnicht auf. „Es war uns lieb, zu zeigen, daß das alte hessische Blut
noch immer in unsern Adern rollte, welches gern für die Ehre uud den Dienst
seines Herrn fließt“ schrieb Leutnant Wiederhold, und sein Kamerad v. d.
Lith sagte 1785 von seinen Kampfgenossen: „Sie dienten einem König, der
ein Verwandter und Bundesgenosse ihres Fürsten war, und dessen Völker
Wwelches wohl zu merken ist) so oft für Deutschland gefochten haben, wider
seine abtrünnigen Unkertanen. Dies hätten diejenigen erwägen sollen, welche
den Feldzug der Hessen nach Amerika so streng tadelten“.
Von Soldatenhandel war noch keine Rede gewesen. Da setzte die amerika—
nische Propaganda ein, der jedes Mittel recht war, die Bundesgenossen der
verhaßten Rotröcke zu diskreditieren. Zuerst versuchte man, sie zur Desertion
zu verleiten, und ein angeblicher „gewesener“ Hesse gab ihnen durch eine
weitverbreitete Broschüre den „guten Rach“, die Fahnen zu verlassen und
sich nach Süd Carolina zu verfügen, „wo eine Niederlassung zu ihrem Vor⸗
keil unternommen werden wird“. Woren nun die Hessen wirklich verkaufte
Sklaven, so mußte dieser Aufruf seine Wirkung kun. Nirgends war die
Desertion so leicht wie in Amerika, und angeblich unterhielten ja sogar die
hessischen Feldprediger mit den deutschen Geistlichen in Peunsyhlwanien
einen heimlichen Briefwechsel zur Vermittelung der Ausreißerei.ss Und doch
war diese Agitation völlig wirkungslos, was gewiß nicht die Folge der
„Warnung“ eines Unbekanntken war, der sich wohl mit nicht besserem Recht
einen „hessischen Feldwebel“ nannte als der „Verräther seines Vatter—
landes“ einen „gewesenen Hessen“. Die Desertion war geradezu minimal,
und die hessische Niederlassung in Süd Carolina blieb ein nie ausgeführtes
Projekt. „Behaltet euer Geld und laßt uns unseren ehrlichen Namen“ rief
Emmerich dem amerikanischen Versucher Puknam zu. Soll man es den
Amerikanern verargen, daß sie sich über den Mißerfolg ärgerten und die
Hessen, die nichts von der amerikanischen Freiheit verstanden, als stumpf⸗
sinnige Tyrannenknechte ansahen und öffentlich brandmarkteten? Auch daß sie
es mit der Wahrheit nicht so genau nahmen, wird nicht wundern; denn mie—
mals wird mehr gelogen als im Krieg und in der Politik. Die Hessen waren
feige und langsam — es ging so weit, daß man die langsame Seefahrt
ihnen vorwarf — zerlumpt, verhungert, liefen in Scharen davon und gingen
brigadeweise zum Feind über.ss Dieser Schwindel ging selbst dem für die
amerikanischen Kolonisten begeisterten Schubart zu weit, sodaß er nach der
Schlacht von Flatbush in seiner Teutschen Chronik (1776, 546f.) schrieb:
„Ein toller Amerikanischgesinnter Engelländer erdichtete schon die Nachricht
von einer blutigen Schlacht, drinn die Hessen zuerst geflohen, in einen Hinte
36 Pfister, Nordamerikanischer Unabh. Krieg 330f.
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