Full text: Soldatenhandel

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Amerika, um das Land ihrer Sehnsucht kennen zu lernen.* Überhaupt war 
der Wunsch, nach Amerika mitzuziehen, in weiten Kreisen lebhaft. Als der 
Landgraf von Hessen zur Ergänzung des Nachschubs die hessischen Werbe— 
büros öffnete, da kamen Rekruten von allen Seiten, und es war mancher da⸗ 
bei, der lieber mit nach Amerika als unter der preußischen Fuchtel in den Kar— 
koffelkrieg zog, was dann den Zorn des großen Friedrich über seinen Namens— 
vetter heraufbeschwor. Auch Seume — über den später noch zu reden ist — 
ging garnicht so ungern mit, wie er selbst später schrieb: „Am Ende ärgerte 
ich mich weiter nicht, leben muß man überall“. 
Die erste Ernüchterung schuf die lange, beschwerliche Seereise. „Wir waren 
froh, daß wir von dem elenden Schiff und auf Gottes Erdboden waren, 
wenn Amerika Gottes Erdboden ist“ schrieb der Leutnant Wiederhold in 
sein Tagebuch. Der Feldprediger Waldeck war noch deutlicher: „Nein, so 
ein Lauseplatz ist in der ganzen Welt nicht mehr, dahin sollte man den Satan 
mit allen seinen Engeln verbannen!“ss Denn auch das gelobte Land sah nun 
auf einmal ganz anders aus, als man sich gedacht hatte. Es war ein „Galgen⸗ 
laud“, auf dessen rebellische Bewohner die Hessen nur mit Verachtung blick— 
ten. Wer will ihnen verargen, daß sie für die amerikanische Freiheit keinen 
Sinn hatten, wo ihnen die Behandlung der schwarzen Negersklaven durch 
die amerikanischen Plantagenbesitzer in die Augen siel. Fast alle Führer der 
Kolonialen, die Väter der Union, waren Plantagenbesitzer und Sklaven— 
halter. Das wollten Verfechter der Freiheit und der Menscheurechte sein? 
In den Augen der Hessen waren sie Rebellen gegen den guten König Georg, 
den Neffen ihres Landgrafen, ebenso wie die Schotten Rebellen gewesen 
waren. Und gegen diese Schotten war eben dieser selbe Landgraf gezogen. 
Verkauft? von seinem Vater an seinen Schwiegervater? Solche Gedanken 
31 Forschungen zur deutschen Philologie (1894). S. 107. 
z2 „Wer Geschmack am Soldatenleben hat, dringt jetzt dahin, um sein Glück im Amerika⸗ 
aischen Kriege zu suchen“. Schubart, Teutsche Chronik 1776, 218. Selbst später, nachdem 
schon die amerikanische Agitation eingesetzt hatte, war der Zudrang noch so lebhaft, daß z. B. 
der spätere preußische Feldmarschall Neithardt v. Gneisenau mit den Ansbachern frei⸗ 
willig nach Amerika ging. 
38 Amerikana Germ. N. S. 6, X. 
34 Außerdem blühte damals noch der weiße Menschenhandel in Amerika, indem mittellose 
Einwanderer einfach an den Höchstbietenden verkauft wurden. Vgl. darüber namentlich Bütt⸗ 
aers Selbstbiographie. ÜUber den eigentlichen Sklavenhandel vergleiche man die ausführlichen 
Schilderungen des bekannten Kolberger Joachim Nettelbeck, der selber ein eifriger 
Sklavenhändler war, in seiner Autobiographie, in der es u. a. heißt: „Vor 50 Jahren war 
und galt dieser böse Menschenhandel als ein Gewerbe wie andre, ohne daß man viel über 
seine Recht- oder Unrechtmäßigkeit grübelte. Wer sich dazu brauchen ließ, hatte die Aussicht 
auf einen harten und beschwerlichen Dienst, aber auch auf leidlichen Gewinn“ (Ausq. Lpz 
909, SG. 60).
	        
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