Gotha,Soldatenverskauf“
Güter und immerhin besser als Porzellane, Hirschgeweihe und ähnliche Kin—
kerlitzchen, wofür preußische Könige Rekruten einhandelten. Wie gesagt,
der hessische Landgraf brauchte keine Soldaten herzugeben, weil er auch den
Kurhut nicht erhielt. Anders der Herzog von Gotha, der wegen Wasun⸗
gens und der Vormudschaft in Weimar in Bedrängnis war. Von ihm er—
zählt Freytag in den Bildern aus der deutschen Vergangenheit 4 (1888)
S. 104: Friedrich II. von Preußen stellte ihm seine guten Dienste in Aus⸗
sicht, wenn der Herzog „ihm die auserwählte Gardemannschaft von Weimar,
200 Mann, als ein kleines Geschenk offeriren und ihn dadurch obligiren
wollte. Dies geschah. Mit 200 Mann weimarischer Garde erkaufte sich
der Herzog v. Gotha seine Bestätigung als Administrator dieses Landes und
die Beendigung des Wasunger Streites. Zweihundert Landeskinder von
Weimar, welche der Streit garnichts anging, wurden in willkürlichster
Weise weggegeben, wie eine Herde Schafe. Ein fremder Fürst verschacherte
sie gegen alles Recht san einen andern Fürsten, den der Streit auch nichts
anging]. Die Zweihundert aber zogen mit König Friedrich in den Sieben—
jährigen Krieg swo sie waährscheinlich desertiert sind, wie die bei Pirna ge—
preßten Sachsen]“.
In diesen und ähnlichen Fällen — wenn z. B. hinweggefangene Eisen—
schmiede Westphalens gegen turmhohe Leibeigene aus der Ersatzlese der
russischen Zarengarde umgetauscht wurden — handelte es sich wirklich um
Menschenhandel, während der Ausdruck „Soldatenverkauf“ für die
hessischen Subsidienverträge, speziell den von 1776, zum mindesten depla—
ciert ist. Was ist denn ein Verkauf. Nach dem herrschenden Sprachgebrauch
und dem HGB der Übergang einer Sache in den Besitz eines andern. Nach
den Subsidientraktaten blieb nun die „Proprietät“ d. h. das Eigentumsrecht
des Landgrafen auf seine Truppe durchweg gewahrt, die Hessen fochten
unter hessischen Offizieren, oft unter hessischen Prinzen und hatten ihre
eigene Gerichtsbarkeit. Im Vertrag von 1787 (INr. 32) bedang sich sogar
der Landgraf selber den Oberbefehl aus, verkaufte sich also nach dem ge—
wöhnlichen Sprachgebrauch mit seinen Soldaten. Nach jedem Feldzug kehr—
ten die Truppen in ihre Heimat zurück, ohne daß je von einem Rückkauf die
Rede gewesen wäre. Der Ausdruck „Verkauf“ ist also nicht nur deplaciert,
er ist einfach falsch. Der einzige richtige deutsche Ausdruck ist Vermietung,
und solche Vermietung von Soldtruppen war uralk.
In den Verhandlungen über die sog. Fürstenenteignung haben auch die Sub—
sidienwerträge des 18. Jahrhunderts eine gewisse Rolle gespielt. Namentlich
in sozialdemokratischen Zeitungen der Zeit war er ein beliebtes, nach allen
Regeln der Kunst abgehandeltes Thema mit der Quintessenz, daß ein solcher
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