Hessen-Darmstädtische Subsidienverträge
vom Vogelsberg oder vom großen Woog, dann — liegt die Sache anders.
In Röder v. Diersburgs Geschichte des Großherzoglich Hessischen Infan—
terie-Regiments Garde Nr. 1185 wird das stolze Wort des Landgrafen Lud⸗
wigs IX. zitiert, der am 20. Mai 1777 an seinen Minister Moser schrieb:
„Leute verkaufen und in Subsidien geben, thue ich nun und nimmermehr“,
und nichts vom „Menschenhandel vor Blutgeld, wie andere Herren heutigen
Tages thun“ wissen wollte. Das ist ein schönes Wort, aber Landgraf Lud—
wig IX. war ein merkwürdiger Herr, über den sich manches sagen ließe, was
hier nicht hingehört, jedenfalls war er wie sein Vorbild Friedrich Wilhelm J.
von Preußen ein völliger Soldatennarr, der sich um die Welt nicht von
seinen Pirmasenser Puppen getrennt hätte.! Sein Sohn aber, Ludewig X.
(der spätere erste Großherzog) dachte schon auders. Als die, nicht zum min—
desten durch seinen Vater verursachte Finanzmisere ihn zu ersticken drohte,
besann er sich nicht lange und schloß binnen drei Jahren 1793 -96 mehrere
Subsidienverträge mit dem Kaiser und mit England.ss Daß die Darmstäd—
tischen Truppen dennoch nicht bis nach Indien kamen, lag nicht an moralischen
Bedenken, sondern daran, daß die französische Flotte die Adria beherrschte.
Der Chronist der hessen-darmstädtischen Subsidienpolitik Haag sagt in seiner
Disserkation: „Hier lag tatsächlich ein Menschenverkauf schlimmster Art
vor.“ Ich möchte mich diesem Urteil nicht anschließen, erwähne es nur, um
zu zeigen, daß die Darmstädter keinen Grund haben, uns Kurhessen über die
Achsel anzusehen, wenn vom Soldatenhandel die Rede ist.
Im Dienste Frankreichs
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Während Hessen-Kassel vorzugsweise mit England Subsidienverträge ab—
schloß — weshalb in diesen Verträgen mehrfach auf die traditionelle Ver—
bindung zwischen beiden Ländern Bezug genommen wird — haben andere
deutsche Regierungen besonders mit Frankreich Subsidiengeschäfte ge—
macht. Das nach der französischen Revolution veröffentlichte „Livre rouge“,
das die Geheimzahlungen der französischen Regierung enthüllte, bringt eine
Zusammenstellung, aus der wenigstens für die Jahre 1750 - 70 die an deut—
i2 Ubrigens war ein Sohn dieses Landgrafen Ludwigs IX., Prinz Friedrich, Oberst des
französischen Infanterie-Regiments Royal Hesse-Darmstadt, und dessen jüngster Bruder
Christian warb 1785 für die Holländer eine Brigade, der man zurief: „Ihr seid aufs Was⸗
ser verkauft“. Vgl. Verm. Nachrichten eines hess. Brigadiers aus Holland. Frkf. 1786.
i8 „Die Subsidienfrage war eine Lebensfrage für die Landgrafschaft. Ohne Subsidien war
es Ludwig X. auf die Dauer unmöglich, eine achtunggebietende Militärmacht auf den
Beinen zu erhalten.“ Dietrich, Archiv NF 5, 483. NB. Dasselbe gilt übrigens auch für
Hessen-Kassel und seine Landgrafen.
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