1
in das weiche, nachgiebige Gewebe, füllt die ganze Köhre des Schuß—
kanals und alle Winkel, Lücken und Spalten zwischen Muskeln,
häuten und Sehnen. Schließlich sammelt sich so viel Flüssigkeit, daß
das ganze Glied, da der Abfluß nach außen abgesperrt ist, stärker
anschwillt. Außerordentlich groß pflegt diese innere Blutung bei
Schüssen durch die Waden zu sein. Sie hört nicht auf, wenn der
Verwundete das Glied weiter bewegt. Läßt man ihm Ruhe, legt
man den Verwundeten etwa bei Beinschüssen hin, oder lagert man
den verwundeten Arm so, daß er nicht bewegt werden kann, so ge—
winnt der Körper Zeit, der Blu—
tung Herr zu werden. Allmählich
gerinnt das Blut im Wundkanal.
Die Gerinnung setzt sich fort in die
Buchten und Winkel und in die
haarfeinen, blutenden üderchen, so
daß sie sich verstopfen, und die
weitere Blutung steht. Schon das
ist eine wirksame Selbsthilfe des
Zellenstaates, die notwendig ist,
um sich vor dem Verbluten, den Zellenstaat vor dem Untergang
zu schützen. Aber nach dieser ersten schützenden Arbeit der Blutstil—
lung wird er erst recht tätig. In dem geronnenen Blut zerfallen die
roten Blutkörperchen. Der rote Farbstoff wird umgewandelt in gel—
ben und grünen, wird in den Lymphbahnen fortgeschafft und färbt
die Haut des verletzten Gliedes in schillernden Tönen. Was sonst
noch von dem Blut übrig blieb, wird von den Zellen aufgesogen und
wieder dem Ganzen als wertvolles Baumaterial dienstbar gemacht.
Nichts anderes also hat der Körper nach der frischen Verletzung
nötig, als Ruhe, damit die eben durch zarte Gerinnsel verschlossenen
Aderchen nicht wieder anfangen zu bluten. Ruhe aber vor allen
Dingen, um sich nun weiter dem Werke der Ordnung, des Ausräu—
mens, des Husbesserns und der Heilung zu widmen. Das ist eine
schöpferische Tätigkeit, bei der wir Menschenkinder ihm nicht helfen
und beistehen können.
Millionen von Zellen sind zertrümmert. Diese kleinen, win—
zigen, lebendigen Bausteine sind nun tot, abgestorben. Die Zellen—
trümmer füllen mit lochkerem, blutigem Brei das ganze lange Rohr
des Schußkanals. Sie zu beseitigen, ist das erste Ziel. Tausende,
d