Full text: Sammelband

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oft von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn wir den Verirrungen 
auf diesem Gebiete nachgehen, kommen wir zu der Überzeugung, 
daß manche erfolgreiche Kunstrichtung nur suggestiven Kräften ihren 
Aufstieg verdankt, und daß ihre Anhänger, blind und des nüchternen 
Urteils beraubt, ihrem Banner Folgschaft leisten. 
Den Dichter haben von jeher verwickelte und schwierige pfy⸗ 
chologische Fragen interessiert. Auf verschiedenen Wegen haben die 
Dichter die Handlungen ihrer helden in merkwürdigen Fällen zu 
begründen versucht. Dem Altertum war die Vorstellung vom Ein⸗ 
greifen der Götter in das Seelenleben der Menschen geläufig. Bei 
homer legt die Gottheit besondere Entschlüsse in die menschliche 
zeele und bestimmt so das menschliche Tun und Lassen. Das Mittel— 
alter sah hier Dämonen und Geister tätig, und die Dichter dieser Zeit 
schildern ihren Einfluß als etwas ganz Selbstverständliches. Die 
Tatsache der Perzauberung, der Saszination durch den Blick ist von 
vielen Dichtern beschrieben worden. Wir denken an Sschiller 
Jungfrau von Orleans), Kleist, Ibsen und Shakespeare. Nur 
den größten Dichtern ist die Schilderung dieser Einflüsse in künst— 
lerisch wertvoller Weise gelungen. Shakespeares Othello ist eine 
solche Meisterleistung, die in eindringlicher Weise zeigt, wie in die 
zeele des eifersüchtigen Mohren die suggestiven Einflüsterungen Ja— 
gos eindringen, langsam und sicher von ihr Besitz ergreifen und seine 
bessere Cinsicht blenden. Die Wirkung der Fremd- und KUutosug— 
gestionen schildern in hervorragender Weise Dostojewski in „KRa⸗ 
skolnikow“ und Zola in seinem Romane „Courdes“. Entgleisungen 
dagegen sind einige literarische Machwerke nach Art von Sama⸗ 
rows „Unter fremdem Willen“. Meisterhaft, aber leider schon mit 
deutlichen Zeichen des späteren geistigen Verfalls des Dichters durch⸗ 
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der unvergleichliche Meister der französischen Novelle durch die Schil— 
derung der Gewalt der Autosuggestion eine Wirkung, die den Leser 
Grauen empfinden läßt. Dieser Novelle in wesentlichen Zügen ähn— 
lich ist die moderne Arbeit von URarl Hhans Strobel „Das Grabmal 
auf dem Pdre Lachaise“. Auch diese aufsehenerregende Arbeit müssen 
wir vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ablehnen. Sie gibt 
ebenso wie Maupassants Dichtung eine maßlose Übertreibung. Im 
Publikum werden dadurch ganz falsche Vorstellungen verbreitet. Die
	        
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