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heit, und jeder, der irgend etwas zur Sache zu sagen habe, wurde
aufgefordert, sich auf der Redaktion zu melden. Schon zu einer
Zeit als die Voruntersuchung gegen Berchtold noch im Gange war,
erklärten die Münchener Neuesten Nachrichten, es könne gar kein
Zweifel daran bestehen, daß B. der Mörder sei. Unter dieser Beein—
flussung durch die Presse meldeten sich viele Zeugen, die unter Eid
Aussagen machten, deren Inhalt die handgreiflichsten Widersprüche
darboten. Sieben Personen meldeten sich, die den Mord selbst be—
gangen haben wollten. Unter 210 Zeugen waren 18, deren Hus-
sagen nachweisbar durch das Gelesene inspiriert waren. Einer sagte
unter Eid aus, er habe an einem Freitag-Vormittag den Ange—
klagten zu einer bestimmten Zeit dreimal in der Nähe des Tatortes
gesehen und ihn nach Veröffentlichung seiner Photographie sofort
wiedererkannt. Es wurde nachgewiesen, daß er zu der angegebenen
Zeit einer Gerichtsverhandlung beigewohnt hatte. Man kbann da—
nach den Wert seiner Aussage ermessen. Die Zeitungen hatten Berch⸗
told in einer Kleidung dargestellt, die er niemals besessen und die
nur in der Phantasie des Zeichners bestand. Gerade diese Kleidung
will eine Zeugin mit aller Bestimmtheit bei dem Verdächtigen be⸗
merkt haben. Diese hier angeführten Tatsachen werden in der Pra—
ris noch lange nicht gebührend beachtet.
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e) hypnose und Suggestion in der Medizin.
Von besonderer Bedeutung ist die Suggestion und die Hypnose
für die Heilkunde. Seit ihren Uranfängen hat der suggestive Faktor
in ihr eine hervorragende Rolle gespielt. Unter den verschieden—⸗
sten Bezeichnungen ist sie hier sogar seit den ältesten Seiten metho—
disch zu heilzwecken gebraucht worden. Freilich ist von den
Zaubersprüchen und Beschwörungen unserer Vorfahren bis zur heu⸗
tigen systematischen Anwendung von Hhypnose und Suggestion ein
weiter Entwicklungsgang unserer Naturerkenntnis notwendig ge—
wesen, im Grunde aber hat hier dieselbe Kraft der Suggestion ihre
Wirkungen entfaltet.