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Angeklagte von beiden Schuldfragen frei. Es war das erste Urteil,
das eine Aufhebung der freien Willensbestimmung durch suggestive
Beeinflussung annahm und deshalb zu einem Freispruch kam.
Ein weiterer Fall, in dem fortgesetzte Wachsuggestionen zur
Ausführung eines Verbrechens den Anlaß gaben, war der Mord,
den Gabriele Bompard unter dem suggestiven Einfluße von
Eyraud ausführte. Sie führte ihrem Suggestor das Opfer zu, das
dann von beiden gemeinsam ermordet wurde. Die Verhandlung
erwies klar, daß sie unter dem zwingenden Cinfluß des Verbrechers
gestanden hatte. Sie selbst war aber auch schon vorher eine minder—
wertige und sittlich verkommene Person.
In diesen Fällen ist der suggestive Einfluß sicher festgestellt.
Durchaus mißtrauisch wird man dagegen der folgenden Nachricht
gegenüberstehen. In einer großen Tageszeitung von Hannover fand
ich vor einiger Zeit die folgende Anzeige: „hohe Belohnung! Zahle
ich demjenigen, der mir den Aufenthalt meiner 16jährigen Tochter
Käthe so nachweist, daß sie mir wieder zugeführt wird. Dieselbe
ist von dem 38jährigen hHypnotiseur K. am 8. April entführt wor⸗
den, usw.“ Ob in einem solchen Falle tatsächlich eine suggestive
Beeinflussung vorliegt, wie ihn die ganze Anzeige als sicher hinzu—
stellen sucht, ist sehr zweifelhaft. Charakteristisch ist daran nur die
Tatsache, daß in der letzten Zeit im breiteren Publikum die Neigung
hervortritt, für solche auch auf andere Weise leicht zu erklärende
Vorkommnisse eine suggestive Beeinflussung heranzuziehen.
Etwas anders liegt die Frage, ob am hHypnotisierten Ver—
brechen ausgeführt werden können. Darüber äußert sich
Forel: „Es ist für mich klar, daß alle erdenklichen Verbrechen bei
hypnotisierten ausgeführt werden können, sobald ein etwas höherer
Grad von Hypnose erreicht ist.“ Der hilflose Zustand, in dem sich
die etwas tiefer Eingeschläferten befinden, setzt sie natürlich leichter
der Gefahr aus, ein Opfer eines Verbrechens: Mord, Diebstahl usw.
zu werden. In der Literatur sind die Fälle besonders zahlreich, in
denen es sich um sexuellen Mißbrauch solcher Personen handelt.
hierhin gehört der schon erwähnte Fall des Schwindlers Czynski,
der eine ältere Baronin zu Heilzwecken hypnotisierte und sie in
diesem Zustande mißbrauchte. Cinen ganz eigenartigen Fall erwähnt
Gilles de la Tourette. Bekbanntlich können Hysterische oft schon