Full text: Sammelband

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unter einer Idee wird die Menge zu einer Einheit, die nicht mehr 
aus einer Summe von Individuen besteht, sondern die jetzt ein 
Ganzes geworden ist, das seinem eigenen Gesetz gehorcht. An Stelle 
gesunder Logik tritt jetzt ein automatischer Vorgang. 
Viele Kulturerscheinungen unserer Tage geben dem deut—⸗ 
lich Ausdruck. Wer kennt nicht die ungeheure Macht der Mode, 
die in raschem Wechsel, je nach ihrer Laune, nicht nur die äußere 
hülle des Menschen bestimmt, sondern die auch tyrannisch seine Ge— 
stalt modelt und formt, wie es ihr beliebt. Heute ist Schlankheit 
die Mode, morgen gelten volle Körperformen als Ideal. Die selt⸗ 
samen Modetorheiten vergangener Tage, die jeder Vernunft und 
sweckmäßigkeit hohn sprechen — erinnert sei an die Krinoline und 
den Cul de Paris — sind nur durch Suggestivwirkungen möglich 
gewesen. Nur so kann man die fast grenzenlose Macht der Mode 
verstehen, die einen SZornigen zum Ausruf brachte: „Wo's Mode ist, 
trägt einer den Kuhschwanz als hHalsband!“ Die Modeströmung be— 
einflußt aber nicht die Kleidung allein, die Kunst, Literatur, Wissen⸗ 
schaft und Ethik beugen sich in besonderen Kichtungen ihrem Zepter. 
Tiefgreifende Wirkungen entfaltet die Suggestion im politischen 
Leben. Wer wird wohl behaupten wollen, daß im Wahlkampf 
nüchterne und ruhige Überlegung den Ausschlag gibt? Gerade hier 
herrscht das „Schlagwort“, das in die hirne der Menge hineinge— 
hämmert wird. Blind läuft die Masse hinter ihren Führern her, 
ohne zu erkennen, daß sie sehr oft dem Interesse politischer Cliquen 
und nicht ihrem eigenen dient. Dem suggestiven Faktor verdankt 
auch die Presse ihre ungeheure Macht. Sie beeinflußt in beherr⸗ 
schender Weise die öffentliche Meinung und vermag ganze Volks⸗ 
klassen unter den Bann von suggestionsstarken Ideen zu bringen. 
Im Prinzip beruht auch die Wirkung der Reklame auf derselben 
Ursache. Mehr als früher hat man jetzt den Wert einer geschickten 
Reklame erkannt. Wie weit hier die suggestive Beeinflussung geht, 
kann man daraus erkennen, daß selbst die unwahrscheinlichste An— 
preisung bei steter Wiederholung allmählich gläubig hingenommen 
wird und sich Eingang in die breite Masse verschafft. 
Die Geschichte bietet uns eine Kette von suggestiven Massen— 
wirkungen, denen größte soziale Bedeutung zubommt. Einige be— 
sonders auffallende Tatsachen seien hier zur Charakteristik hervor— 
Sanders, Hypnose und Suggestion.
	        
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