Full text: Sammelband

Wer in seinen Ansichten selbst nicht gefestigt ist und schwankt, der 
wird von vornherein verspielt haben. So beobachten wir Lehrer, die 
bei ihren Schülern alles erreichen, und wieder andere, denen es nie 
gelingt, irgendwelchen Einfluß auszuüben. 
Die systematische Anwendung der durch die Suggestionslehre 
gewonnenen Erkenntnisse in der Pädagogik ist ohne Frage ein Zu— 
kunftsproblem allerersten Ranges. Es verspricht den größten Er— 
folg, wenn es gelingt, alle die Faktoren, die jetzt nur gelegentlich 
und zufällig in Kraft treten, zu einem System zusammenzufassen 
und nach allgemeinen Gesichtspunkten zur Anwendung zu bringen. 
Dann wird der Kampf gegen die ererbten schlechten Anlagen weit 
erfolgreicher geführt werden können, und die Suggestion kann dann 
ein mächtiger Bundesgenosse gegen diese Feinde sein. Dazu bedarf 
es noch vieler Forschungen und Untersuchungen, und vor allem muß 
sich die offizielle Pädagogik weit mehr mit dieser Frage beschäfti— 
gen, als das bisher der Fall war. Vielfach ist unsere Schule ja auch 
heute nichts anderes als eine Dressuranstalt für Gehorsam und Ge— 
dächtnis. Das darf nicht so bleiben! Der Schüler darf sich nicht 
weiter seiner Schule, die ihn für den Lebenskampf ausrüsten soll, 
als seiner grimmen Feindin gegenüber fühlen und empfinden. Nicht 
gegen sich muß die Schule suggerieren, sondern für sich. Freilich 
muß dann erst die papierene Trockenheit, die noch zu meiner Schul⸗ 
zeit jede Freude am Lehrstoff gewaltsam erstichen mußte, verschwin— 
den. Die Liebe, die Begeisterung des Schülers muß geweckt werden, 
und in seinem Lehrer darf er nicht seinen Gegner sehen, den er nach 
seiner Ansicht betrügen und belügen darf. Heute sind in dieser 
Kichtung schon erhebliche Fortschritte gemacht worden. Wir haben 
eine Reihe von Reformschulen, die nach neuen Methoden streben und 
die teilweise schöne Erfolge zu verzeichnen haben. Erfreulich ist auch 
die überall zutage tretende ünderung im Unterricht der untersten 
Klassen, der in allen Teilen darauf abgestimmt ist, die jungen Men— 
schenkinder nicht einzuschüchtern, sondern ihr Interesse und ihre 
Liebe zur Schule zu wecken. Auf dieser beschrittenen Bahn wird es 
der Schule gelingen, den Charakter der Schüler zu bilden, und die 
von Begeisterung und Liebe getragene Suggestion wird sich fest in 
die Seelen verankern. Damit ist dann auch unendlich viel mehr 
erreicht als mit einer Einübung von formalem Wissen und einer
	        
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