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strich in der Verlängerung des Schnabels und hielt ihn für wesent—
lich für das Gelingen des Versuches. Ließ man das Tier nun vor—
sichtig los und entfernte langsam die Fessel von seinen Beinen,
so konnte man beobachten, daß das Tier minutenlang völlig
regungslos verblieb.
Später hat Preyer diese Zustände untersucht und sie als
Schreckstarre aufgefaßt. Danilewsky hat in den neunziger Jahren
die Zustände bei einer Reihe von Tieren, wie Meerschweinchen, Frö—
schen, Kaninchen, Schlangen und Krebsen, erzeugen können. Er
glaubte, daß sie auf einem vereinfachten automatischen Suggestions—
vorgange beruhten. Der bekannte Bonner Physiologe Max Ver—
worn gab 18898 eine sehr einleuchtende Erklärung. Er zeigte zu—
nächst, daß das Großhirn an diesen Vorgängen gar nicht beteiligt
war, denn er konnte die Bewegungslosigkeit auch bei hühnern er—
zielen, denen das Großhirn herausgenommen war. Er betonte mit
Kecht, daß es sich hier um Erregungsvorgänge handeln müsse, denn
die Muskeln des Tieres seien dabei in einem Zustande der Kontrak—
tion. Bekanntlich sind die Muskeln bei jeder Körperhaltung in
bestimmter Weise gespannt, und die betreffende Körperhaltung
wirkt ganz von selbst als Keiz auf die nervösen Elemente, die die
betreffenden Muskeln in Spannung erhalten. Bringe ich nun ein
Tier in eine ganz unnatürliche Lage, so werden von selbst die Mus—
keln angespannt, die das Zurückbringen in die natürliche Lage be—
sorgen. Ergreife ich ein Huhn und lege es ruhig und sicher auf den
Rücken, so fühle ich deutlich einige kurze Abwehrbewegungen. halte
ich es nun ohne starken Druck in dieser Lage fest, so bleibt es ruhig
liegen, weil die Muskeln, durch die es sich aufrichten will, jetzt
dauernd gereizt werden und dadurch in einen Zustand der Starre
geraten. Wissenschaftlich spricht man von einem Tonischwerden des
Cagereflexes. Bis zu einer Viertelstunde kann dieser Erregungs—
zustand dauern, wenn das Tier nicht durch andere Reize gestört
wird. Ist dieser Erregungszustand abgeklungen, so steht das Tier
auf, schüttelt sich und zeigt wieder sein natürliches Verhalten.
Diese scharfsinnigen Beobachtungen Verworns zeigen mit aller
Klarheit, daß der sich hier abspielende Vorgang mit Hypnose nicht
das geringste zu tun hat. Die sog. „tierische Hypnose“ hat zu der
des Menschen keinerlei Beziehungen. Beide sind etwas Grundver—
schiedenes.