Full text: Sammelband

Uinder verschont. Am stärksten litten die Hausfrauen; sie vwer⸗ 
wendeten nämlich frühmorgens das Wasser, das nachtsüber in der 
Leitung gestanden und demzufolge besonders bleihaltig war, zum 
Uaffeekochen, und zwar in solcher Menge, daß sie für den größten 
Teil des Tages versorgt waren. 
Seit allers kennt man die Bleivergiftung durch Trinkwasser; 
schon zu Ende des 16. Jahrhunderts warnte der Professor zu Pa— 
lermo Fortunato Fedele vor ihr. Sie wird auch nicht auszurotten 
sein ohne ein allgemeines Vverbot gegen die Benutzung von Blei— 
rohren zur Trinkwasserleitung, wie es in Württemberg besteht. Die 
Bleivergiftung ist deshalb nicht so leicht zu verhindern, weil sie nicht 
plötzlich sondern schleichend auftritt, und nicht selten erst nach Jahren 
ihren Höhepunkt erreicht. Man hat versucht, die Mengen Blei zu 
berechnen, die erforderlich sind, um Vergiftungserscheinungen hervor⸗ 
zurufen. Ein Mann, der tagaus, tagein zweieinhalb Liter Wasser 
trank, hatte eine Wohnung bezogen, deren Trinkwasser bleihaltig 
war. Zwei Jahre vergingen, ehe ihn Wadenschmerzen und ⸗Krämpfe 
auf einen krankhaften Vorgang im Uörper aufmerksam machten. 
Da das Wasser im Liter 2,9 ms Blei enthielt, hatte er demnach 
5,I g zu sich genommen. Bis aber die Erbrankung ihren höhe- 
punkt erreichte, der charakteristische graue Bleisaum am Zahnfleisch 
auftrat und Koliken sowie Lähmungen an Armen unodd Beinen hen 
ganzen Rörper erheblich herunterbrachten, vergingen abermals zwei⸗ 
einhalb Jahre, so daß also die Gesamtmenge des eingeführten Bleis 
nun 11,68 betrug. Ein Gehalt von 0,3 wg im Liter Wasser gilt als 
harmlos, dagegen mahnt ein solcher von mehr als 0,5 stets zur 
Horficht. In dem erwähnten Gehöft brachte ihn selbst längeres Ab⸗ 
laufenlassen des Wassers nicht unter ,6 mg, konnte also die Be⸗ 
wohner nicht sicher stellen. Auch ein zuverlöässiges Filter bietet heinen 
dauernden Schutz. 
Eine Wasserleitung bann unter Umständen auch andere Gifte 
enthalten; nicht nur Brunnen, sondern auch große Flüsse werden ge⸗ 
legentlich durch die Abwässer gewerblicher Betriebe verunreinigt. Be— 
sonders berüchtigt waren eine Zeitlang Arsenbeimischungen, die von 
den Rückständen der Anilinherstellung herrührten; aber seitdem ge⸗ 
setzliche Vorschriften ein vorsichtiges Umgehen mit so gefährlichen 
Stoffen anordnen, sind auch die Trinkwasser⸗Arsenvergiftungen ver⸗ 
schwunden. Vie Abwässer der Zuckerfabriken enthalten neben an
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.