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Die Pest ist in ihrem Auftreten nicht selten an gewisse häuser
verknüpft. Bei der Lungenpest, die sich durch Tröpfchen verbreitet
und überaus ansteckend ist, gibt die Wohnung wohl nur den Ort der
Ansteckung ab. Dagegen bedeutet sie für die Verbreitung der Bu—
bonenpest, die sich in Schwellung und Vereiterung der Drüsen äußert,
etwas mehr. Sie ist aber eigentlich nicht selbst die VBermittlerin der An⸗
steckung, sondern diese wird durch einen tierischen Mitbewohner, die
Ratte, und den auf ihr schmarotzenden Kattenfloh (Abb. 11) besorgt.
Der Pestbazillus, ein an beiden Enden abgerundetes Stäbchen, ist für
die Ratten genau so ansteckend wie für den Menschen. Die Krankheit
wird in der Regel von der Katte eingeschleppt und dann durch den
Rattenfloh, in dessen Magen man bis zu 5000 pestbazillen zählen
konnte, auf den Menschen übertragen. In indischen Pesthäusern ließ
man Meerschweinchen, die ja der Katte nahe verwandt sind, umher⸗
laufen; nach kurzer Zeit erkrankten sie an Pest; auf ihnen fand man
infizierte Rattenflöhe. Lungen- wie Bubonenpest erfordern besonders
in überfüllten häusern viele Opfer. Alles, was die Ratten anlockt,
also in erster Linie Schmutz, der mit Dunkelheit und Feuchtigkeit
gern ein Triumvirat bildet, begünstigt auch die Verbreitung der Bu—
bonenpest. Daß auch sie durch Gegenstände übertragen werden kann,
die mit Pesteiter besudelt sind, zeigt folgender, vom hygieniker Jo⸗
hann Peter Frank berichteter durchaus glaubhafter Fall. Ein
Maurer hatte, als 1713 in Ofen eine Pestepidemie herrschte, einen
mit Pesteiter beschmutzten Lappen in der Mauer seines Hauses ver⸗
borgen und das Loch verschlossen. Nach einem Jahre wurde beim
Ausbessern des Hauses das Coch geöffnet und der Lappen hervor—
geholt; er wurde der Ausgangspunkt einer neuen Pestepidemie. —
In unsauber gehaltenen Krankenzimmern ist der Fußboden gewöhn⸗
lich mit Keimen besät, mögen sie nun von Ratten, deren Kot und
harn auch ansteckend ist, dahin gebracht sein, oder von Pesteiter her—
rühren. Jedenfalls sind Barfußlaufende sehr gefährdet: kleine Ver-
letzungen der Sohle bilden die Eintrittspforten für die Bazillen. Der
Fußboden kann also die Quelle manch einer Pestinfektion sein; unter
sauberen Verhältnissen dagegen läßt sich eine Ansteckung mit Bu—
bonenpest unschwer vermeiden. Wie schwer es ist, die Krankheit aus
häusern auszurotten, wenn sie erst einmal darin festen Fuß gefaßt
hat, kann man daraus sehen, daß man 1896 in Bombay sich nur