Full text: Sammelband

— 3889 
Die Pest ist in ihrem Auftreten nicht selten an gewisse häuser 
verknüpft. Bei der Lungenpest, die sich durch Tröpfchen verbreitet 
und überaus ansteckend ist, gibt die Wohnung wohl nur den Ort der 
Ansteckung ab. Dagegen bedeutet sie für die Verbreitung der Bu— 
bonenpest, die sich in Schwellung und Vereiterung der Drüsen äußert, 
etwas mehr. Sie ist aber eigentlich nicht selbst die VBermittlerin der An⸗ 
steckung, sondern diese wird durch einen tierischen Mitbewohner, die 
Ratte, und den auf ihr schmarotzenden Kattenfloh (Abb. 11) besorgt. 
Der Pestbazillus, ein an beiden Enden abgerundetes Stäbchen, ist für 
die Ratten genau so ansteckend wie für den Menschen. Die Krankheit 
wird in der Regel von der Katte eingeschleppt und dann durch den 
Rattenfloh, in dessen Magen man bis zu 5000 pestbazillen zählen 
konnte, auf den Menschen übertragen. In indischen Pesthäusern ließ 
man Meerschweinchen, die ja der Katte nahe verwandt sind, umher⸗ 
laufen; nach kurzer Zeit erkrankten sie an Pest; auf ihnen fand man 
infizierte Rattenflöhe. Lungen- wie Bubonenpest erfordern besonders 
in überfüllten häusern viele Opfer. Alles, was die Ratten anlockt, 
also in erster Linie Schmutz, der mit Dunkelheit und Feuchtigkeit 
gern ein Triumvirat bildet, begünstigt auch die Verbreitung der Bu— 
bonenpest. Daß auch sie durch Gegenstände übertragen werden kann, 
die mit Pesteiter besudelt sind, zeigt folgender, vom hygieniker Jo⸗ 
hann Peter Frank berichteter durchaus glaubhafter Fall. Ein 
Maurer hatte, als 1713 in Ofen eine Pestepidemie herrschte, einen 
mit Pesteiter beschmutzten Lappen in der Mauer seines Hauses ver⸗ 
borgen und das Loch verschlossen. Nach einem Jahre wurde beim 
Ausbessern des Hauses das Coch geöffnet und der Lappen hervor— 
geholt; er wurde der Ausgangspunkt einer neuen Pestepidemie. — 
In unsauber gehaltenen Krankenzimmern ist der Fußboden gewöhn⸗ 
lich mit Keimen besät, mögen sie nun von Ratten, deren Kot und 
harn auch ansteckend ist, dahin gebracht sein, oder von Pesteiter her— 
rühren. Jedenfalls sind Barfußlaufende sehr gefährdet: kleine Ver- 
letzungen der Sohle bilden die Eintrittspforten für die Bazillen. Der 
Fußboden kann also die Quelle manch einer Pestinfektion sein; unter 
sauberen Verhältnissen dagegen läßt sich eine Ansteckung mit Bu— 
bonenpest unschwer vermeiden. Wie schwer es ist, die Krankheit aus 
häusern auszurotten, wenn sie erst einmal darin festen Fuß gefaßt 
hat, kann man daraus sehen, daß man 1896 in Bombay sich nur
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.