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ahnlich wie bei der Diphtherie, durch Vermittlung von Tröpf—
chen, vollzieht sich die Ansteckung bei einer Anzahl von Infektions—
krankheiten, deren Erreger in der Mund⸗, Rachen- und Nasenhöhle
ihren Sitz haben, wie Genickstarre, Grippe, Scharlach, Masern und
Keuchhusten. Bei ihrer Verbreitung spielt die unhygienische Woh—
nung eine dreifache Kolle. Einmal schwächt sie den Körper und macht
ihn dadurch für die Ansteckung empfänglich. Weiterhin erleichtert
sie, zumal wenn sie überfüllt ist, die Üübertragung von einer Person
auf die andere. Schließlich beeinträchtigen ungünstige Wohnungs—
verhältnisse auch die Pflege des Kranken und werden für manchen
unglücklichen Ausgang des Leidens verantwortlich zu machen sein.
Die Genichstarre, deren Erreger nur kurze Zeit außerhalb des Kör—
pers dem Austrocknen widerstehen können, wird fast ausschließlich
durch gesunde Keimträger verbreitet. Diese sind viel zahlreicher als
die Kranken selbst. In einer Kaserne war ein Genickstarrefall vor⸗
gekommen; von den zehn Stubenkameraden des Erkrankten wurden
neun als Keimträger erkannt. Es steht fest, daß besonders gern
Kinder in feuchten und lichtarmen Wohnungen befallen werden. Daß
die Genickstarre durch Gegenstände übertragen wird, ist bei der Ver⸗
gänglichkeit ihrer Erreger wohl ausgeschlossen. Allem Anschein nach
wird man für die besonders in Kasernen und Pensionaten häufigen
Stubenepidemien eine Infektion durch die beim Sprechen und husten
von einem Keimträger verstreuten Tröpfchen anzunehmen haben.
Ebenso wird allem Anschein nach auch die Grippe übertragen, deren
Erreger, die kleinsten bekannten Stäbchenpilze, die nur den tausend⸗
sten Teil eines Millimeters messen, außerhalb des KRörpers rasch ab⸗
sterben. Da fast ein jeder für diese Krankheit empfänglich ist, wird
sie wohl in der Kegel von Mensch zu Mensch übertragen; die Woh⸗
nung dürfte höchstens auf den Verlauf einen Einfluß haben. Von
Masern, Scharlach und Keuchhusten sind die Erreger noch nicht ein⸗
wanofrei festgestellt. Im wesentlichen kommt auch bei ihnen die An—⸗
steckung auf dem Wege der Tröpfcheninfektion zustande; auch die
Rolle der Wohnung wird ähnlich wie bei der Genickstarre zu beur⸗
teilen sein, nur treten die Keimträger bei diesen drei Rrankheiten in
ihrer Bedeutung zurück. Beim Keuchhusten kann aber die Wohnung
auch in anderer Weise die Übertragung vermitteln; wenn nämlich
ein erkranktes Kind seinen Auswurf und mit ihm die Krankheits⸗
keime auf den Fußboden oder in eine Ecke entleert und keine ge—