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mit Gas beleuchteten Käumen beschäftigt, die meisten von ihnen schon
seit elf Jahren. Alle klagten sie aber mehr oder weniger, besonders
im Winter, über Kopfschmerzen und -druck, sowie Keißen in Armen
und Beinen. Ja manchmal kam auch eine leichte Benommenheit vor,
zumal wenn die Arbeitszeit sich ihrem Ende zuneigte. Während des
Urlaubs hörten die Erscheinungen ganz auf, um kurz nach der Rück—
kehr in den Dienst wieder einzusetzen. Es stellte sich heraus, daß alle
Angestellten an leichter Kohlenoxydvergiftung litten. Die Luft wies
eine ziemlich beträchtliche Beimischung des Gases auf, das nicht nur
von den heizkörpern ausströmte, sondern auch im Leuchtgas in gro—
her Menge enthalten war.
Rohlenorxnyd ist besonders heimtückisch wegen seiner Geruchlosig—
keit. Überfällt es in genügender Menge einen Schlafenden, so tritt
ein schwerer, meist tödlich endender Betäubungszustand ein. Gelingt
es, den Vergifteten durch künstliche Atmung, durch Cinflößen von
dauerstoff wieder zu erwecken, so ist damit noch nicht die Gefahr
beschworen. Oft folgen CLungenentzündungen, langwierige Nerven—
krankheiten, und zuweilen vernichten Geistesstörungen das bewußte
Dasein auf immer. Das Kohlenoxyd kann aber in die Stubenlust
noch in einer anderen Form übergehen, die uns durch seinen Geruch
wenigstens in manchen Fällen in den Stand setzt, uns vor seinen ver—⸗
hängnisvollen Wirkungen zu schützen. In oft erheblichen Mengen
dem Leuchtgas beigemischt, gibt es auch bei den sog. Gasvergiftungen
den Ausschlag. All die anderen giftigen Bestandteile des Leucht⸗
gases, namentlich Schwefelwasserstoff, Schwefelkohlenstoff, Azetylen,
Benzol, Blausäure, Methan, stehen in ihrer Schädlichkeit hinter dem
Kohlenoxyd zurück. Vom Schlafenden wird das Leuchtgas wie der
Uohlendunst gewöhnlich nicht wahrgenommen; sind wir jedoch un⸗
serer Sinne mächtig, dann weist uns der durchdringende, charakte⸗
ristische Geruch auf die drohende Gefahr hin, so daß wir uns sichern
können. Unter gewissen Umständen kann jedoch auch das Leuchtgas
diese für uns so wertvolle Cigenschaft verlieren.
Das gesunde, blühende Dienstmädchen eines Fleischers bewohnte
eine zu ebener Erde gelegene, nicht unterkellerte, helle und freund⸗
liche Kammer. Mit Rücksicht auf die Lage schloß sie abends das ein⸗
zige Fenster. Sie war nach getaner Arbeit zu gewohnter Seit zu Bett
gegangen; der etwas später zur Sicherheit das haus noch einmal
durchschreitende Meister hatte in dem Nachbarraume nichts Beson—⸗