Full text: Sammelband

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14 Tagen erkrankten alle drei Insassen, die kräftigen, blühend aus— 
sehenden Eltern und das sechsfährige gut entwickelte Töchterchen, 
an Durchfällen, die gar nicht weichen wollten. Alle Hausmittel waren 
wirkungslos. Dem schließlich zu Rate gezogenen Arzte fiel die grüne 
lapete auf; er ließ ein Stück untersuchen, und man fand darin wie 
auch in dem Urin der Eltern Arsen. Nun war die Ursache der Er— 
krankung klar. Sofort wurde das bisherige Schlafzimmer geräumt 
und das freundliche, sonnige, mit einer blauen Tapete ausgestattete 
Wohnzimmer zur Nachtruhe eingerichtet, und mit einem Schlage war 
die Gesundheit und damit der Frohsinn der Bewohner wieder- 
hergestellt. 
Fälle von Arsenvergiftungen durch Tapeten waren früher sehr 
hzäufig; mit Vorliebe wurde das arsenhaltige Schweinfurter Grün 
zur Färbung benutzt. Die darin vorhandenen Arsenmengen sind nicht 
gering anzuschlagen; fand man doch in einer Tapetenfläche von 
16 Quadratmetern so viel Gift, daß man damit 900 Personen hätte 
töten können. Erst das Reichsgesetz über die Verwendung gesund— 
heitsschädlicher Farben von 1887 verbot seine Benutzung nicht nur zu 
lapeten, sondern auch zu Möbelstoffen, Teppichen und Vorhängen. 
Aber ganz aus der Welt geschafft wurden damit die Vergiftungen 
nicht. Erst kürzlich ergab die Untersuchung von mehr als 300 handels- 
apeten, daß in 8000 von ihnen Arsen, allerdings in unbedenklichen 
Mengen, enthalten war. Gefährlich kann der Brauch werden, der 
B. in Ostpreußen herrscht, dem Tapetenkleister zum Schutz gegen 
Ungeziefer Schweinfurter Grün zuzusetzen oder den Sarbstoff in die 
herd⸗ und Dielenfugen einzustäuben, denn hierbei handelt es sich 
um Mengen, die sehr wohl Krankheitserscheinungen hervorrufen 
können. Cinige Fälle von Arsenvergiftung, die kürzlich aus Schweden 
gemeldet wurden, führte man auf einen Wohnungsanstrich mit arsen 
haltigem Zinkweiß zurück. 
Ganz aufgeklärt ist das Wesen der Arsenvergiftungen durch 
lapeten noch nicht. Der Sarbstoff kann verstäuben und die Stuben⸗ 
luft vergiften; man hat auch in ihr Arsen nachgewiesen. 5weifellos 
dommt in einzelnen Fällen die Vergiftung so zustande. Häufiger ist es 
—Arsenvergiftungen kommen in der Kegel in feuchten Wohnungen 
dvor —, daß Schimmelpilze die Arsengase aus dem Farbstoff der 
dapeten freimachen. Besonders Penicillium brevicaule hat die Eigen⸗ 
schaft, aus kleinsten Arsenmengen den wie Rnoblauch riechenden
	        
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