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midor zunächst, daß der Craumdeuter den Charakter des Träumenden
kennt. Es werden Kegeln in großer Zahl aufgestellt; dabei hat die
zahlenspielerei große Bedeutung. Die Buchstaben können Zahlen
gleichgesetzt werden. Wörter, deren Buchstaben die gleiche Summe
ergeben, konnten gegenseitig vertauscht werden. Manche Wörter
wurden auch in ihre Bestandͤteile zerlegt. Wie die Deutung vor sich
ging, ersehen wir am besten an einem Beispiel. Alexander der Große
belagerte die Stadt Tyros in Phönizien sieben Monate hindurch, ohne
sie einnehmen zu können. Da hatte er einen Traum: Er sah auf
einem Schilde einen Satyr (auf griechisch Satyros) tanzen. Die
Traumdeuter griffen dieses Wort auf, zerlegten es in „Sa“ (bedeutet
im Griechischen „Dein“) und „Tyros“ und deuteten: Tyros ist dein.
Daraufhin griff Alexander die Stadt im Sturm an und setzte sich in
ihren Besitz!
Bei den Griechen wurde weiterhin auch auf Träume Wert ge—
legt, die unter gewissen Voraussetzungen, 3. B. an Orten, die den
Göttern geweiht waren, zustandekamen. Weittragende Bedeutung
hatten die Träume der Pythia in Delphi. Große Kriege sind auf sie
zurückzuführen. Die Seherin mußte drei Tage lang hungern —
hungern befördert die Entwicklung von phantasievollen Träumen —
und dann Dämpfe einatmen. Sie sank dann in einem Zustand, der
wahrscheinlich eher eine Betäubung als ein Schlaf war: ihre Worte
wurden vom priester gedeutet.
Während es bei der Pythia zweifelhaft ist, ob ihre Weissagungen
Träumen oder Wahnzuständen entsprangen, kamen echte Träume bei
dem sog. Tempelschlaf in Srage. Die des Rats bedürftigen Kran—
ken begaben sich zunächst in den dem Apoll oder üskulap geweihten
Tempel, unterzogen sich dort einem mehrtägigen Fasten, führten
borgeschriebene Opferungen aus und legten sich dann an bestimmten
geweihten Stellen zum Schlafen nieder. In diesem Schlafe kamen
dann Träume, die einen Rat über die Behandlung der Krankheit
enthielten. Den Rat aus dem Traume herauszufinden, war Sache
der in dieser hinsicht geübten Priester. Auch in Mesopotamien und
agypten war der Tempelschlaf üblich, und noch bis ins Mittelalter
hinein genoß er großes Ansehen.
Anscheinend ganz regellos wurde das Deuten der Träume bei
den alten nordischen Völkern gehandhabt. Jeder Held hatte
seinen Schutzgeist. Erschien dieser im Traume, so bedeutete das etwas
Wichtiges. Oft konnte man sich aber nicht einigen über die Aus—