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rung des Nervensystems verknüpft, sondern jeder Mensch kann von
ihm berichten. Schon der Name sagt, daß mit dieser Traumerschei⸗
nung sagenhafte Vorstellungen verbunden werden. Der Alporuck
gibt der Volksphantasie unerschöpfliche Nahrung. Es ist der Alp,
die Drude oder Trud, die Nachtmar, bei den Slawen die Mora, die
den schlafenden Menschen durch ihr Gewicht bedrückt und ihn des
Atems beraubt. Schon die Chaldäer erwähnen den Alporuck.
Die alten ürzte, die das Alporüchen mit Incubus und Suc—
cubus bezeichneten, drücken damit schon das Wesentliche der Er—
scheinung aus: die Worte bedeuten etwas, das sich auf einen legt.
Wir bemerken plötzlich im Traum, daß ein Tier, ein mehrbeiniges
Wesen, meist rauhhaarig, mit höhnisch grinsender Fratze, sich langsam
der LCagerstätte nähert und Miene macht, sich auf uns zu legen.
Es kriecht auf die Brust und lastet mit so schwerem Gewicht darauf,
daß uns der Etem stockt. Wir wollen uns befreien, aber es gelingt
nicht. Immer stärker wird das einengende Gefühl, es schnürt uns
am halse, wir atmen beschleunigt, Herzklopfen peinigt uns, Schweiß
bricht aus. Wir machen verzweifelte Anstrengungen, uns zu be—
freien, oft gelingt es uns nach langem, vergeblichem Kingen, die
Decke abzuwerfen, und wir erwachen. In ähnlicher Weise wird sich
der Alporuck immer abspielen.
Börner hat das Alpdrücken dadurch künstlich hervorgerufen,
daß er einem Schlafenden mit der Bettdeche den Mund und zum
Teil auch die Nasenlöcher zudeckte. Daraufhin wurde zunächst die
Atmung schwerer, das Gesicht rötete sich, die Blutadern am Halse
schwollen an, der Schlafende ächzte, er wälzte sich hin und her und
suchte sich aus seiner Lage zu befreien; schließlich warf er die Decke
ab und erwachte. Er hatte geträumt, daß ihm ein häßlicher Unhold
auf der Brust gelegen habe.
Das wesentliche Moment bei der Entstehung des Alpodrucks ist
die erschwerte Atmung. Wir wissen nun aus eigener Erfahrung,
daß der Alpdruck nicht selten auftritt, wenn wir schwer verdauliche
Speisen zu uns genommen oder zu reichlich gegessen haben. Auch
die an solches übermaß sich anschließenden Verdauungsbeschwerden
haben erschwerte Atmung, ja förmliche Beklemmungen im Gefolge.
Ddie bekannte, im 18. Jahrhundert lebende englische Schriftstellerin
Anna Radeliffe hat absichtlich dadurch Alporuck hervorgerufen,
daß sie abends Diätfehler beging. Die Träume, die sie dann hatte,
berwertete sie als Grundlagen für ihre berüchtigten Schauerromane.