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badet im Meere, in einem Slusse, einem Teiche, man fängt Sische,
oder man baut Wasserleitungen. Wasserträume sind zu allen Zeiten
beobachtet worden. hHippokrates schon führte die Träume von
Brunnen auf Blasenstörungen zurück. Einen charakteristischen Bla—
sentraum teilt Herodot mit, als er von Medien und seinen Herr—
schern schreibt. „Und es ward König an seiner Stelle Astyages, des
Kyarares Sohn. Der hatte eine Tochter mit Namen Mandane. Diese
sah er im Traum, wie so viel Wasser von ihr ging, daß seine ganze
Stadt davon erfüllt und ganz Asien überschwemmt war.“ Daß der
Sdinnesreiz eine Vorstellung erweckt, die der Träumer auf eine andere
Person überträgt, ist durchaus nichts Wunderbares; wir müssen uns
erinnern, daß oft die Personen, von denen wir träumen, Züge von
uns selbst tragen. In diesem Traume ist wieder die maßlose Über—
treibung bemerkenswert.
Zu den typischen Träumen muß auch der uns Deutschen besonders
geläufige Prüfungstraum gezählt werden. Jeder, der ein Exa—
men irgendeiner Art bestanden hat — und wer hätte das nicht? —,
hat schon davon geträumt. Der Prüfungstraum spielte sich jüngst
bei mir folgendermaßen ab: Ich stand vor dem Direktor und den
Tehrern meines alten Gymnasiums im Frack. Ich wurde in Mathe—
matik geprüft und konnte beim besten Willen einen Lehrsatz nicht
beweisen, Plötzlich kommt der Schuldiener zur Tür herein und be—
stellt mir: „Frau Doktor läßt den herrn Doktor fragen, ob er nicht
bald fertig wäre.“ Die Prüfung geht weiter, ich versage völlig mit
meinen Kenntnissen. Die Prüfenden schütteln den Kopf über mich,
ich gerate allmählich aus dem Zustande der Angst in den der Wut,
weiß zunächst nicht, was ich meinen Examinatoren sagen soll, bis ich
schließlich heraustrumpfe, daß ich doch schon längst mein Abiturienten—
examen bestanden hätte.
In den Grundzügen wiederholt sich dieser Traum wohl fast
immer ähnlich. Er geht von einer Erinnerung aus, die an einen Tag
anknüpft, der eine lange, angestrengte, oft recht harte Arbeitszeit
zum Abschluß bringen soll. Fast immer ist es das Abiturientenexamen,
don dem wir träumen; es ist das erste große, ja das wichtigste Cxamen,
das der Akademiker in seiner ganzen Laufbahn bestehen muß, und
erfordert wohl auch, wenn man das Alter der Prüflinge und ihre
körperliche Verfassung in Erwägung zieht, verhältnismäßig die
stärkste Anspannung.
Wir träumen erst von der Prüfung, wenn sie weit hinter uns